Vogelgrippe und Massentierhaltung

oder wie ein sachlicher Beitrag hätte aussehen können

von Roland Schulze Lefert

Roland Schulze Lefert
Roland Schulze Lefert

Nach meinem Beitrag auf dem Blog und bei Facebook sowie einer Mail an die NDR-Redaktion habe ich gestern eine Rückmeldung zu meiner Kritik erhalten. In einem sehr freundlichen Telefongespräch konnte ich mich mit einer Redakteurin zu dem Thema austauschen. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle auch nochmals Bedanken. Es hat mich sehr gefreut, dass die Kritik Ernst genommen wird und eine Auseinandersetzung mit selbiger stattfindet. In der Sache wurde mir zumindest insofern Recht gegeben, dass ein Hinweis auf Expertenmeinungen in der Moderation nichts zu suchen hat, wenn in dem Beitrag kein Experte genannt oder wörtlich zitiert wird. Die NDR-Redaktion sieht den Beitrag jedoch nicht als Pauschalkritik an, sondern sieht die Ausgewogenheit durch den vorhergehenden Beitrag und die verschiedensten am gleichen Tag gesendeten Beiträge gewahrt. Diese Meinung kann ich nachvollziehen, teile sie aber nicht.

Der NDR sieht die Sache durch die Rückmeldung als erledigt an, was aus meiner Sicht aber sehr schade ist. Ich finde die Fragestellung, wie bereits im ursprünglichen Beitrag geschrieben, durchaus legitim und interessant. Daher habe ich mich entschlossen selbst einen Beitrag zu verfassen in dem beide Positionen sachlich gegenübergestellt werden.

© Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung
Influenza A-Virus | © Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung

Der Stall im schleswig-holsteinischen Grumby war nicht der erste große Geflügelbetrieb, der von der Vogelgrippe vom Typ H5N8 befallen worden ist. Bereits im Oktober trat das Virus auf einer Putenfarm in Ungarn auf und beim letzten großen Seuchenzug eines Viruses vom selben Typ im Jahr 2014 waren in Deutschland hauptsächlich konventionell geführte Geflügelbetriebe betroffen. Ausgehend von dieser Datenlage sagt Leif Miller, NABU-Bundesgeschäftsführer:

„Gerade bei geschlossenen Massentierhaltungen ist ein Vireneintrag über den weltweiten Geflügelhandel und seine Stoffströme wahrscheinlicher als eine Infizierung durch Kontakt mit erkrankten Wildvögeln“. (Leif Miller, NABU)

Vielmehr gehe von den großen Tierhaltungsanlagen eine Gefahr für den Wildvogelbestand aus, da Erreger beim Transport von Tieren und Abfallstoffen über weite Strecken verbreitet werden können. Der NABU fordert daher die zuständigen Behörden auf diese Übertragungswege stärker in den Focus der Ursachenforschung zu nehmen.

Für Dr. Michael Götz vom Bund Deutscher Rassegeflügelzüchter deutet im aktuellen Seuchenfall vieles auf Wildgeflügel als Verbreitungsursache hin. Er sieht aber einen großen Unterschied zum Jahr 2014 und will die landwirtschaftlichen Geflügelhalter nicht aus der Verantwortung entlassen. „In diesem Herbst ist es schwierig, die Lage zu beurteilen, weil unstrittig viele Wildvögel betroffen sind. Vor zwei Jahren war aber eindeutig das Wirtschaftsgeflügel der Auslöser“. Auch er verweist auf die geringe Anzahl von Virusnachweisen im Wildgeflügel bei gleichzeitig hohen Fallzahlen beim Wirtschaftsgeflügel.

Die Wissenschaftler des Fridrich-Löffler-Instituts (FLI) wollen für den derzeitigen Ausbruch von H5N8 in Europa noch keine definitive Aussage machen. Sie halten aber, ausgehend von der derzeitigen Befundlage, den gleichen Ausbreitungsweg wie im Jahr 2014 für wahrscheinlich. Hier hatte ein internationales Forscherkonsortium unter Beteiligung des FLI den Weg des H5N8-Viruses von Asien nach Europa ausgehend von detaillierten Datenanalysen nachvollzogen und Zugvögel als Hauptverbreitungsweg nachgewiesen. Die höhere Nachweisquote bei Wildgeflügel im Rahmen des aktuellen Seuchenzuges führen die Wissenschaftler auf eine Veränderung im Erbgut des Erregers zurück. Diese führt dazu, dass nicht nur deutlich mehr Arten des Wildgeflügels vom Virus befallen werden, sondern hat auch eine deutlich höhere Sterblichkeit bei den infizierten Tieren zur Folge. Vor diesem Hintergrund rät das FLI allen Geflügelhaltern abgesehen von der Befolgung der regionalen Aufstallungsverpflichtungen dringend dazu sämtliche Materialien und Personen die in einen Stall gelangen genauestens auf Verunreinigungen zu untersuchen. Schon kaum zu erkennende Mengen von infiziertem Kot oder Nasensekret z.B. im Futter oder Einstreu können den Virus in den Bestand eintragen.

Einige der von mir genutzten Quellen sind erst nach dem 15.11.2016 und damit nach dem ursprünglichen Sendetermin entstanden. Aber ich bin mir relativ sicher, dass die hier zitierten Personen auch bereits zu diesem Zeitpunkt die gleichen Aussagen getroffen hätten.


Literatur und Quellen:

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  1. Danke an Roland Schulze Lefert, der- wie ich finde- sachlich die Frage beantwortet, in wie weit die Vogelgrippe durch die “Massentierhaltung” verbreitet wird.
    Lesenswert- und vielleicht auch beispielgebend für die Berichterstattung in weiteren Medien- die Hoffnung stirbt zuletzt. Ich jedenfalls rufe nicht das postfaktische Zeitalter aus. Dann könnten wir uns nämlich den ganzen Aufwand hier sparen!

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