Wir brauchen den Bauernverband

Es gibt wohl kaum eine zweite Berufsvertretung wie den deutschen Bauernverband, der einerseits so mitgliederstark ist und zugleich auch massiver Kritik von innen und außen ausgesetzt ist wie der Deutsche Bauernverband (DBV). Ich engagiere mich selber auch im Landvolk, so heißt der Bauernverband in Niedersachsen, und bin über einen Facebook-Post von einen bayrischen Landwirt gestolpert, der die große Notwendigkeit eines einigen Bauernverbandes beschreibt und am Ende wichtige Fragen stellt:

von Gerhard Langreiter

Gerhard Langreiter
Gerhard Langreiter

Ich muss hier mal was los werden. Ich durfte heute bei einer Gesprächsrunde zum Thema Ferkelkastration dabei sein, die der Bayerische Bauernverband durchgeführt hat. Ganz davon abgesehen, dass wir als Bauern und Ferkelerzeuger bzw. Schweinemäster große Probleme haben, ist mir wieder mal klar geworden, wie wichtig der Bauernverband in einer solchen Situation ist. Egal ob Ehrenamtliche oder Hauptamtliche, alle Anwesenden sind hier mit vollem Einsatz dabei und lassen nichts unversucht, um das Beste für uns Bauern zu erreichen. Die vielen anderen landwirtschaftlichen Verbände und Erzeugergemeinschaften, die auch heute mit dabei waren, sind zwar genauso mit dabei, haben aber nicht die personellen Ressourcen, um das zu leisten, was der Bauernverband hier leistet. Auch laufen hier einige nur mit und überlassen dem Bauernverband die Arbeit. Wenn danach nicht das Erwartete rauskommt, ist der Schuldige dann schnell gefunden!

Bild von einer Bauernversammlung
Bild von einer Bauernversammlung

Egal ob Düngeverordnung, Sachkundenachweis für Tierhalter, Anbindehaltung bei Kühen, EEG 2017, Öffentlichkeitsarbeit und vieles mehr – Der Bauernverband steht an vorderster Front und tut, was er kann. Das nicht immer alles super ist und nicht immer alles optimal läuft, ist auch klar, aber aber Superman hab ich auch in keinem anderen Verband bis jetzt gefunden. Und der Bauernverband sind nicht irgendwelche Leute in München, sondern wir alle, die uns vor Ort engagieren, die mit Politikern Gespräche führen, Verbraucher aufklären und uns gegenseitig helfen. Bei vielen Bauern vor Ort ist man oft der Meinung, der Verband wird von Leuten geführt, die von der Praxis keine Ahnung haben. Denen ist anscheinend nicht klar, wie viele

Der Hof von langreiter
Der Hof von langreiter

Ausschusssitzungen, Versammlungen und Arbeitskreistreffen es gibt, wo Leute wie zum Beispiel ich sitzen. Und ich glaube habe schon praktische Erfahrung! Warum es dann einige Bauern, die oftmals sogar als Ortsobmänner Verantwortung im BBV tragen, gibt, die der Meinung sind, den Bauernverband braucht es nicht und er tut ja nix, ist mir ein großes Rätsel!!! Haben wir nicht oft genug erzählt, was alles Tag für Tag getan wird? Kriegen diese Bauern die Emails, Faxe und Briefe nicht?

WER macht es denn besser? Gibt es im landwirtschaftlichen Bereich eine Organisation, bei der diese Bauern meinen, mehr für sich erreichen zu können? Mir fällt keine ein!

Es macht mich grade richtig sauer, dass wir uns den Arsch für unseren Berufsstand aufreißen, daheim alles liegen und stehen lassen, weil es wieder mal an allen Ecken brennt, und als Dankeschön wird man blöd angeredet – “Ihr tut ja nix” (und das sind noch die harmlosen Äußerungen)

Ich habe kein Problem mit dem kritischen Hinterfragen von Entscheidungen, finde so was sogar extrem wichtig und bereichernd. Ich diskutiere gerne und leidenschaftlich. Und ich lasse mich auch vom Gegenteil überzeugen, wenn man mir vernünftige Argumente entgegenbringt. Aber wenn dann demokratisch Entscheidungen getroffen werden, dann erwarte ich auch, dass man dann dahinter steht oder sich wenigstens nicht negativ dazu äußert! Meistens ist man ja nur mit einer Entscheidung nicht einverstanden. Im Großen und Ganzen sind doch alle mit der Arbeit zufrieden. Wenn man dann so wenig Kompromissfähigkeit zeigt, zeugt dass nicht von Demokratieverständnis!

Und von Mitgliedern gewählten Ortsobmännern erwarte ich, dass sie engagiert unseren Verband bei den Mitgliedern vor Ort vertreten, erklären und verteidigen. Wir sind alle freiwillig Mitglieder des BBV. Und wir werden nie 100 % der Landwirte dazu bewegen können, dem BBV beizutreten. Aber alle Bauern, die nur ein klein wenig über den Tellerrand ihres Betriebes schauen und solidarisch mit den Berufskollegen sind, sollten diesen Mitgliedsbeitrag zahlen und Bauern, die noch nicht dabei sind, erklären, warum sie auch dazu gehen sollten.

Und ich erwarte von den Jungen, die frisch aus der Aus-und Weiterbildung kommen, Engagement in unserem Verband! Es kann doch nicht sein, dass ich mit meinen 34 Jahren oftmals der Jüngste auf den Versammlungen bin!!! Das ist EURE Zukunft, überlasst das nicht den Ü60!!!

Ist Agrarpolitik so langweilig? Was muss der Bauernverband bieten, damit ihr euch engagiert? Die Schwierigkeiten der Zukunft werden wir nur gemeinsam bestreiten können. Wird so schon schwierig genug, macht es uns nicht noch schwieriger!

(c) Fotos: Gerhard Langreiter

10 comments Add yours
  1. Stimmt alles. Aber leider ist es häufig auch so, dass grade die Ü60iger die Meinungen und Ideen der Jüngeren nicht annehmen bzw sie sich noch nicht einmal anhören wollen. Das ist der Grund, warum junge Leute so schwer zu gewinnen sind. Wer opfert denn freiwillig seine, in der Landwirtschaft eh so knappe Freizeit, um doch nur zu hören: Alles Quatsch, was Du sagst…Wir haben die Erfahrung, ihr dagegen bringt nur hochtrabende Ideen aus den Schulen mit, die sich in der Praxis nicht bewähren usw usw. Auf kleine Familienbetriebe wird ,,belächelnd” herabgesehen. Solange der Bauernverband in der Hauptsache nur für die ,,Großen” da ist und nur eben diesen Erfahrung einräumt,wird sich in Punkto aktive Mitglieder unter 50 Jahren nicht viel ändern. Was wird denn getan, um junge Menschen zu gewinnen? Ist es nicht so, dass man lieber unter sich ist?

  2. Wieder so ein Vorurteil, dass der BBV für die Großen da wäre. Weitere Vorurteile gefällig? Der Bauernverband ist nur für Verpächter, Austragler, Nebenerwerbslandwirte, Milchbauern, Bergbauern, Ackerbauern oder alternativ nur für sich selber da 😉

  3. Der Bauernverband vertritt hervorragend die Interessen der vor- und nachgelagerten Industrie, von deren Zuwendungen er und von deren Posten seine Funktionäre ja auch zum großen Teil leben. Wenn die Industrieninteressen mal mit denen der Bauern auf einer Linie liegen, werden die Bauern mitvertreten. Gibt es aber Interessenkonflikte, wie in der jetzigen Milchkrise, dann haben immer die Industrieinteressen Vorrang. Erst wenn man das erkannt hat, kann man als Bauer entscheiden, ob man den Bauernverband braucht.

  4. Man muss sicherlich die “Nebeneinkünfte” unserer Bauernverbandsvertreter hinterfragen und kann die auch z.T. kritisieren.
    Ich kann am Besten von den Funktionären sprechen, die ich auch kenne. Die gewählten Vertreter (im Emsland) bekommen eine recht stattliche Aufwandsentschädigung, bleiben aber Ehrenamt. Vor wenigen Jahren gabs wirklich nur die Ehre, das hat sich Gott sei dank auch mit meiner Unterstützung hin geändert. Ich bin froh und dankbar, dass die Landwirte sich die viele Zeit nehmen und für uns, den Berufsstand unterwegs sind. Ich hoffe auch, dass wir in Zukunft so engagierte Leute für diese Aufgabe(n) gewinnen können. Das geht nicht mit pauschaler Verurteilung.

  5. Die Bauernverbandspolitik machen nicht Einzelpersonen, sondern jeder einzelne Kreisvorsitzende, die ja alle in Ausschüssen über die vielen Probleme beraten! Die Industrie hat da gar nix zu sagen!!!

  6. Und alle, die keinen Beitrag bezahlen, tragen die Schuld am schwindenden Einfluss, weil das halt Zeit und Geld kostet.
    Meinen kleinen Betrieb gibt es noch, weil der Bauernverband die letzten 30 Jahre mit seiner Lobbyarbeit dafür gesorgt hat, dass ich nicht in Beiträgen für Sozialkassen ersticke, den Betrieb ohne Erbschaftssteuer übernehmen konnte und jetzt gut aufgestellt bin. Wenn aber immer mehr Kollegen meinen, dass das alles überflüssig ist, dann sehe ich schwarz für meinen Hof und glaube nicht, dass ich bis zur Rente den Betrieb weiter führen kann, geschweige an meine Kinder übergeben kann! DANKE dafür! 🙁

      1. Im südlichen Emsland scheint die Einschätzung der Milchbauern sich von der Ostfrieslands unterscheiden. Hier höre ich von denen, dass die Ideen den BDM schön und gut seien, aber letztlich nicht funktionieren würden. Die Unzufriedenheit mit den ewig langen Kündigungsfristen und der Unfähigleit des DMK ist allgegenwertig, aber die plumpe “Die Menge muss runter”-Parole höre ich sehr selten…

  7. Über die Milchpolitik des BDM kann man trefflich diskutieren und streiten, wie sie sich auswirken würde, weiß man nicht, denn sie wurde nicht umgesetzt. Sehr wohl umgesetzt wurde jedoch die Milchpoltik des DBV, und zwar eins zu eins: Abschaffung der Quote, Wachstum, gefördert durch staatliche Stallbauhilfen, Schaffung einer großen Leuchtturmmolkerei, deren neugewählter Aufsichtsratsvorsitzender, Heinz Korte, stellvertretender Landvolkvorsitzender ist, Export von billiger Massenware. Die Auswirkungen dieser Milchpolitik sehen und spüren wir aktuell am eigenen Leib. Da kann sich jetzt jeder sein eigenes Urteil bilden. Die plumpe “Die Menge muss runter”-Parole ist übrigens mittlerweile nicht nur deutsche, sondern europäische Beschlusslage, aktuell kann sich jeder gerade für das Mengenreduzierungsprogramm anmelden. Sogar der Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern demonstriert gemeinsam mit dem BDM bei der AMK in Warnemünde für Mengenreduzierung (10 % runter, lautet die gemeinsame Forderung). Emsländische Bauern sind natürlich eine ganz besondere Spezies, zumindestens diejenigen, die die Milcherzeugung noch nicht aufgegeben haben.

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