Neue Ställe braucht das Land!

Leserbrief an die NOZ

Heute hat die Neue Osnabrücker Zeitung einen Leserbrief von mir veröffentlicht:

Leserbrief in der Noz am 18.1.17, Seite 8

Ein von Bernhard Barkmann (@bernhardbarkmann) gepostetes Foto am

In der Printausgabe der Neuen Osnabrücker Zeitung vom 12. Januar 2017, Seite 7 ist mir das Interview mit Jochen Fritz, dem Organisator der “Wir haben es satt”-Demonstration, aufgefallen.

Dazu möchte ich als emsländischer Landwirt und Viehhalter folgende Anmerkungen machen:

Der Kernaussage von Fritz, dass Weser-Ems keine neue Ställe bräuchte, möchte ich energisch widersprechen! Genau umgekehrt muss es laufen, wenn wir die große Zahl an Kleinbauern* in dieser Region erhalten wollen. Wir werden wohl keinen nennenswerten Zuwachs an Tierzahlen in dieser viehintensiven Region erleben. Aber die Zukunft der allermeisten Betriebe wird weiter in der intensiven Tierhaltung liegen. Allerdings ändern sich hier die Rahmenbedingungen, Ansprüche und Anforderungen an die Tierhaltung. Anforderungen am Tierwohl lassen sich in neuen Ställen leichter umsetzen als in älteren Ställen. Alte Ställe sind Auslaufmodelle, die umgebaut bzw. durch neue Ställe ersetzt werden müssen. Geschieht dieses nicht, ist die Aufgabe des entsprechenden Hofes absehbar.

Wer den Landwirten in Weser-Ems wirklich helfen möchte, der geht mit der Forderung “neue Ställe braucht das Land” auf die Straße.

Wir Landwirte brauchen niedrige Hürden für tierfreundliche Um- bzw. Ersatzbauten und nicht immer höhere. Wenn an dieser Stelle die Politik hilft und unbürokratisch Genehmigungen ermöglicht, ist das auch zum Wohl des Bauern. Wer neue Ställe verhindert, der arbeitet auch konkret am Bauernsterben mit.

Durch “Wir haben es satt”-Demonstration fühlen sich die allermeisten Landwirte nicht vertreten. Im Gegenteil: die Kakophonie aus unzähligen Vorwürfen und Anforderungen an die konventionelle Landwirtschaft erzeugt einen miesen Gesamtton, der die Landwirte trifft.


*- wir haben in Weser-Ems eine im bundesweiten Vergleich hohe Zahl an Landwirten, die mit einer geringen Flächenausstattung aber intensiven Tierhaltung ausgestattet ist. Deshalb bezeichne ich den durchschnittlichen Betrieb in Weser-Ems als kleinbäuerlich.

Leserbrief in der NOZ am 18. Januar 2017
9 comments Add yours
  1. Selbst Carl-Albrecht Bartmer, DLG, sieht die Abhängigkeit der immer großflächigeren Landwirtschaft von immer weniger Pestiziden mit Sorge, wie Jan Grossarth aktuell in der FAZ geschrieben hat. Zu enge Fruchtfolgen und zu hoher Chemikalieneinsatz verursachten zunehmend Resistenzen von Pflanzen. Landwirte betreiben laut Bartmer einen „gigantischen Chemieaufwand“. Die FAZ gibt seine Vorschläge so wieder: „Alle Tierhalter bräuchten Aus- und Fortbildungen. Alte Tierställe in Intensivmast-Regionen wie Vechta sollten geschlossen werden. Ackerbauern müssten mehr unterschiedliche Früchte nebeneinander anbauen, um Artenvielfalt zuzulassen. Der Staat müsste dafür strengere Regeln setzen: „Der Markt honoriert diese Leitungen nicht.“ Bartmer fordert aber nicht Subventionen, sondern Spielregeln, die mehr Ziele berücksichtigen als die bloße Ernte. Eine Nachhaltigkeits-Zertifizierung solle Pflicht werden.“

    1. was hat dieser Kommentar nun mit meinem Leserbrief zu tun?
      eher nichts, oder?
      Ich trete dafür ein, dass sich mein Berufsstand selbstkritisch den Herausforderungen stellt und den Dialog sucht. Letztlich muss der Verbraucher oder eine Instanz wie die ITW die Produkte des Landwirts bezahlen. Staatliche Transferleistungen gehören nicht zu meinem Selbstverständnis.
      Viel zu oft wird von Bauern (gesetzlich/vertraglich) gefordert und an dem Verbraucher nur appelliert. Dann sind wir im Bereich von Wunsch und Wirklichkeit. Dann dürfen ausländische Produzenten den deutschen Markt beliefern.

  2. Das Emsland braucht dringend noch höher verschuldete Bauern .Die Investitonen liegen oft im Millionenbereich auf Kreditbasis. So schafft man abhängige Bauern und einen enormen Druck auf alle Übrigen! Es will nicht jeder 5ooo Schweine und ein paar Hundert Bullen mästen. Das ist ja Ihrer Meinung nach ein normaler emsländischer Betrieb.
    AdT sagt, Vielfalt braucht das Land ,keine neuen Ställe. Richtige Antwort auf den Leserbrief. Warum die abwertende Reaktion ?

    1. Wir haben im Emsland und der Grafschaft Bentheim ca. 4000 Bauernhöfe. Ca. 10% in ganz Niedersachsen. Mein Hof ist von den Strukturen her ein durchschnittlicher emsländischer Betrieb. Wir bewirtschaften gut 50ha Ackerland, 2 ha Dauergrünland und verfügen über 1500 Mastschweineplätze und 150 Mastbullen. Daher bezeichne ich mich als durchschnittlicher emsländischer Kleinbauer.

      1. Wie bringt man denn so viel Großvieheinheiten (Gülle und Mist ) auf dieser Fläche unter. Das Durchschnittseigentum ha liegt bei etwa 25 ha, nicht nur Acker ,sondern auch alle anderen Nutzungen. Keinbauern haben noch weniger als der Durchschnitt.
        Die Bezeichnung Kleinbauer für Ihren Betrieb ist nicht angemessen.

        1. Sie haben Ca 300 GV ,das entspricht einen ha Bedarf von ca 150 ha. um die Nährstoffe zu verwerten. Das hat die bekannten negativen Auswirkungen auf Nitrat im Wasser, Flächenkonkurrenz ,Pachtmarkt und Bodenpreise. Ein durchschnittlicher emsländischer Landwirt hat auch sein Grünland in Ackerland umgewandelt, mit den bekannten negativen Auswirkungen zum ökologischen Gleichgewicht,Klima und erhöhten Pestizideinsatz. Vermeiden Sie bitte in Zukunft das Wort Kleinbauer ! Es entspricht sicherlich Ihrer Grundhaltung zur Positionierung Ihres Hofgedankens in einer bäuerlichen Verdrängungsgesellschaft , klingt aber in den Ohren von deutschen und globalen Kleinbauern wie Hohn und Spott. Landgrabbing findet nicht nur fernab in Afrika statt, sondern erlebt seine Professionalisierung direkt vor der Haustür.

        2. Kleinbauer war mein Vater. Wir hatten 20 ha Acker und 6 ha Wiese. Dazu 150 Mastschweine, 11 Mastsauen und 24 Bullen. Das ist Kleinbauer. Aber damals in den 70er waren wir Mittelbetrieb.
          1500 Schweine und 150 Bulle ist ein Großbetrieb. 50 ha dafür sind zu wenig Grund!

  3. Wenn ich meinen Senf als politisch interessierter Bürger dazugeben darf, kann ich die Taktik von „Wir machen Euch satt“ nicht nachvollziehen.

    Aus der Sicht von Nichtlandwirten sind die Treckerfahrer von „Wir haben Agrarfabriken satt“ die Guten: Die für ökologisches Gewissen, für Tierwohl; Landwirte mit Wohnsitz, mit Gesicht in ihren Ortschaften; Landwirte, die Verbesserung von der Politik wollen, wie Verbraucher. Niemand käme auf die Idee, dass die Konvis von WMES nicht von WHES repräsentiert würden. Die Konvis hätten WHES einfach laufen lassen können, nach dem Motto: Wir wollen doch auch Veränderung, aber die Politik handelt nicht, also sind wir wegen der derzeitigen Marktordnung und des Verbraucherverhaltens gezwungen, „Vollgas“ mit PSM und immer größeren Ställen zu geben. In der Öffentlichkeit wären die Landwirte weiterhin „die Guten“, die sich um Nachhaltigkeit sorgen (wollen).

    Stattdessen bekennen sie sich zum Lager der „Agrarindustrie“, der “Bösen”. Das ist zwar ehrlich, wenn man sich diesem Lager zurechnet oder sich zumindest als Betreiber einer “Agrarfabrik” angesprochen fühlt. Aber warum sich dann selbst und anderen einen vormachen, indem man sich als Welternährer aufspielt. Denn es ist ja nicht – oder gar das Gegenteil – belegt ist, dass Low Income Food Deficit Countries von der hiesigen Produktion überhaupt profitieren.

    Kann mir das einer erklären? Interessen gegenüber der Politik kann man ja auch anders formulieren als durch Tanzen mit Warnweste in der Öffentlichkeit (wenn es denn dieses Jahr auch stattgefunden hat).

  4. Erklärungsversuch: Da wir uns im offenen internationalen Wettbewerb befinden, wird ein Verbot von Ställen in Deutschland keinen Preisanstieg der Produkte bewirken. Höfe, die sich von der allgemeinen Entwicklung per deutschem Gesetz abkoppeln müssen, werden kein Geld verdienen können. Die “Wir haben es satt”-Politik schafft es also nur, unsere Landwirtschaft ins Ausland zu vertreiben, sonst nichts.

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