Kein(achts)Baum ist keine Lösung

Neulich wurde mir auf Instagram eine Werbung angezeigt mit dem Namen “Keinachtsbaum”. Man kann es schlecht erklären, bzw. um das ganze Ausmaß dieses Startups zu begreifen, müsst ihr auf die Homepage https://keinachtsbaum.de/ gehen und euch durch Text, Fotos und Videos durchklicken!

Hier eine kurze Erklärung für alle, die nicht draufklicken wollen:

Keinachtsbaum verkauft Holzstangen mit Löchern drin, in denen man Äste reinsteckt, die man entweder selber vor Ort kaufen kann, oder bei Keinachtsbaum bestellen kann. Diese Stange kostet dann bis zu 180 Euro und das Schnittgrün nochmal 40 Euro.

Ein kleiner Blick auf die Homepage – zur Rechten seht ihr den Keinachtsbaum!

Nun war mein erster Gedanke, dass da lustige Leute Internetuser auf den Arm nehmen wollen und hab mit diesem Gedanken im Kopf drunter kommentiert. Ich wurde dann relativ schnell darüber aufgeklärt, dass ich da falsch liege und diese Unternehmung ernst gemeint ist. Zufällig bin ich dann am gleichen Tag auch noch auf Startnext auf dieses Startup gestoßen: https://www.startnext.com/keinachtsbaum

Ich habe dann ein paar mal mit der Firma auf Instagram hin und hergeschrieben und war echt baff. Noch baffer war ich, als mir (natürlich) die selbe Werbung am Tag danach auch auf Facebook angezeigt wurde und im Gegensatz zu Instagram dort schon Kommentare vorhanden waren, die diesen “Baum” in den Himmel lobten und ganz begeistert von ihrem Keinachtsbaum waren.

Da fing es dann immer stärker in mir zu Brodeln an und das Ergebnis ist dieser Blogeintrag.

Wo fang ich an?

Im Youtube-Video https://www.youtube.com/watch?v=rxDcguoRBb8&t=80s wird behauptet, dass Christbäume aus dem Wald kommen und das nicht nachhaltig wäre. Fakt ist – die Bäume, meist Nordmannstannen, werden in Christbaumplantagen auf landwirtschaftlichen Nutzflächen aufgezogen. Es ist nicht vorgesehen, dass sie größer als gut 2 Meter werden. 25 Mio Stück sind das in Deutschland. Ca. 10 % werden importiert. Natürlich kann man hier jetzt die “Teller-oder-Christbaum”-Diskussion beginnen. Denn mit Forstwirtschaft hat das alles gar nichts zu tun. Aber dann dürften wir auch keine Blumenfelder mehr haben. Und ist Hopfen oder Wein noch erlaubt? Diese Diskussion könnte man ins Absurdum führen!

Christbäume sind die Blumen des Winters

Christbäume, so wie ich sie kenne.

In dem oben verlinkten Video werden außerdem die benötigten Zweige von schönen, großen Nordmannstannen abgeschnitten, die viel Platz haben und rundherum schöne Äste haben. Es wird suggeriert, dass so kein Baum “sterben” muss, sondern diese Äste ja immer wieder nachwachsen. Ich verrate euch jetzt ein Geheimnis: Nein. Wenn man zum Beispiel für die unteren Äste beim Keinachtsbaum 80 cm lange Äste benötigt, und die von stehenden Bäumen abzwickt, wächst da so schnell nichts mehr nach. Der Ast stirbt über kurz oder lang ab. Außerdem wachsen die Bäume ja und verlieren ganz natürlich ihre unteren Äste.

Heile Welt im Keinachtsbaumwunderland

Und ich kann es mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass da im Wald die Keinachtsmänner mit der Hebebühne rumfahren und Äste von Bäumen runterschneiden. In der Insta-Diskussion gaben sie relativ schnell zu, dass nichtverkaufbare Christbäume als Astmaterial dienen. Das ist auch keine schlechte Verwertung, da diese sonst als Hackschnitzel enden, aber die “Story” ist eine andere. Und solche Äste werden ja von den Christbaumverkäufern für Adventkränze usw. verwertet.

Man könnte jetzt sagen – “Sollen sie doch – tut doch keinem weh!” Was mich hier aber extrem auf die Nerven geht, ist, dass hier aufgrund angeblicher Nachhaltigkeit Geschäfte gemacht werden. Auf der Startnextseite konnte man in der Projektphase dieses Startup unterstützen. Zum Beispiel mit 10 Euro, wofür Keinachtsbaum einen Baum gepflanzt hat in Deutschland. Oder 15 Euro, damit 1 m2 Buchenwald für 50 Jahre geschützt wird. Zwei Dinge, die wir Waldbesitzer seit Generationen machen und weitere Generationen machen werden. Einfach so. Diese Firma aber generiert dadurch Geld. Diese Firma wird dadurch für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis nominiert.

Was ist nachhaltig?

Und dann gibt es auch noch (Stadt-)Menschen, die bereit sind, dafür Geld auszugeben! Ich frage mich, wie weit weg von der Natur, wie weit weg vom klaren Menschenverstand die Menschen, die diese “Bäume” verkaufen und die, die dieses wiederum kaufen, sein müssen. Das macht mich echt fassunglos!

Ja, es kostet für den, der das kauft, nachhaltig viel Geld. Für einen Besenstiel mit Löchern drin 180 Euro auszugeben ist das eine. Jahr für Jahr dann nochmal 40 Euro für Äste auszugeben, für was man auch einen Christbaum komplett bekommt und diese Äste dann versucht, in den Besenstiel zu stecken, ist die nachhaltig blödeste Idee, die ich seit langem entdeckt habe. Wenn ich da nochmal an das Werbevideo denke, ist es höchstwahrscheinlich genau anders herum. Die Familie hockt am 2. Weihnachtsfeiertag immer noch verzweifelt um die Stange rum und versucht, die Äste zu montieren und die Kinder weinen, weil es keine Geschenke gab, weil der Keinachtsbaum schon so teuer war.

Regional ist nachhaltig!

OK, jetzt geht es mir ehrlich gesagt schon wieder besser, ich kann schon wieder darüber schmunzeln. Und wenn ihr nachhaltig sein wollt an Weihnachten, dann kauft bei regionalen Christbaumerzeugern ein, nehmt vielleicht auch mal einen, der nicht der Schönste ist und stellt die nicht so schöne Seite an die Wand und spart dadurch auch noch Geld, weil es solche Bäume auch für 20 Euro gibt.

Die bayerischen Leser finden mehr dazu unter https://unsere-bauern.de/bayerische-christbaeume/

Da gibt es auch einen Link zu den Bayerischen Christbaumanbauern, die Geprüfte Qualität aus Bayern erzeugen. Ganz regional, ganz nachhaltig, ganz ohne Startup.

Ich wünsche euch schon mal viel Erfolg bei der Christbaumsuche und eine schöne Adventzeit!

3 comments Add yours
  1. Danke für diesen Beitrag. Ich bin leider vor zwei Jahren aif das Unternehmen reingefallen.
    Reingefallen? Weil man für viel Geld Schnittgrün kauf, welches (weil es natürlich nach Kilopreis berechnet wird) aus dicken, an sich für den Zweck unbrauchbaren Ästen besteht. Geld zurück? Fehlanzeige.

    Das Unternehmen reagiert nicht. Aber große Summen für Marketing abgreifen und ausgeben. Man muss eben gut verkaufen können.

    Schade um alle Firmen, die wirklich eine nachhaltige DL anbieten.

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