#vornerbauer4MonatePräsidentschaftskandidat

Letzten Freitag waren die Wahlen zum Bayerischen Bauernpräsidenten und gewählt wurde der bisherige Vizepräsident Günther Felßner aus dem Regierungsbezirk Mittelfranken.

Ich, Gerhard Langreiter, bin im 1. Wahlgang als Drittplatzierter mit 22 Stimmen ausgeschieden und will darum die letzten vier Monate hier Revue passieren lassen. Denn diese Lebenserfahrung möchte ich nicht missen und ich will euch hier in diesem Blog ein wenig daran teilhaben lassen.

Hier eine kleine Linksammlung über die Wahl in Herrsching am Ammersee im Haus der Bayerischen Landwirtschaft:

Ein Vorbericht kurz vor der Wahl: https://www.br.de/nachrichten/bayern/bauernverband-waehlt-neuen-praesidenten-fuenf-kandidaten,TKiDpvV

Bericht nach der Wahl mit Einbettung Rundschaubericht: https://www.br.de/nachrichten/bayern/guenther-felssner-ist-neuer-bayerischer-bauernpraesident,TKtKwou

Und ich wurde nach der Wahl vom Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatt gefragt, wie es mir geht: https://www.facebook.com/reel/1149672725636280/?s=1×1

Wie alles begann:

Am 28. Juni hab ich im Rahmen unserer Bauernverbands-Kreisversammlung meine Kandidatur bekannt gegeben. Dem vorangegangen sind mehrere Monate mit Gesprächen und auch langem Überlegen, ob ich mich zur Wahl stellen soll. In erster Linie spielte da natürlich meine Familie die Hauptrolle, die, wenn ich Präsident geworden wäre, mich weniger gesehen hätte. Aber auch mein Betrieb, meine Sauen, wären dann nicht mehr unter meiner Betreuung gestanden, oder hätten schlechtestensfalls weichen müssen, was natürlich die Entscheidung für die Kandidatur nicht vereinfacht hat.

Ja, das Amt hätte ich mir zugetraut. In vielen Gesprächen habe ich mich informiert und in meiner langjährigen Verbandsarbeit konnte ich auch aus der Ferne beobachten, welch große Verantwortung auf dem Präsidenten des Bayerischen Bauernverbandes lastet. Davor hatte ich großen Respekt, aber keine Angst.

Nachdem nun also vorab die Bezirksvorstandschaft Oberbayern meine Kandidatur unterstützt hat und diese verkündigt war, ging der erste Rummel los. Die eine oder andere Presseanfrage, dem Amt angemessene Fotos wurden gebraucht- obwohl trotzdem so manche Zeitung lieber wieder Uraltfotos von vor 10 Jahren aus meinem Ferkelstall verwendet hat…

Dann folgten die ersten Veranstaltungen und Sitzungen, wo natürlich jeder einem auf die Kandidatur anredet, wo man dann mit der Zeit eine Standardantwort eingeübt hat: “ja, langer Entscheidungsprozess, ja, für Familie und Betrieb nicht einfach, ja, ich will dass sich was ändert im BBV.”

Dann kam so langsam die Ferienzeit, in der auch immer die Ehrenamtstermine meist Pause machen und ich wieder “ganz normal” meiner Arbeit daheim auf dem Hof nachging, die Ernte einfuhr und mit der Familie Urlaub machte. Doch heutzutage mit Smartphone und Social Media hat man natürlich immer im Hinterkopf:

  • Wie kann ich mich unter den Ehrenamtlichen im BBV ein wenig bekannter machen?
  • Zu welchen Themen könnte ich mich auf Facebook und Co äußern?
  • Bei welchen Sachthemen kenne ich mich nicht aus und muss mich einarbeiten?
Unter anderem auf der Hauptalmbegehung vom Almwirtschaftlichen Verein Oberbayern war eine Möglichkeit, den Bekanntheitsgrad ein wenig zu steigern.

Dann kam der September und es wurde langsam hektischer. Der Kandidatenkreis hat sich auf fünf erhöht, in Oberbayern lernte ich die neuen gewählten Kreisobmänner kennen (und sie mich). Es fanden die Wahlen zu den BBV-Bezirkspräsidenten in den 7 bayerischen Regierungsbezirken statt und man erhöht stetig seine Aktivitäten. Man telefoniert mit Neugewählten, stellt sich und seine Vorstellungen vor und lotet auch ein wenig aus, wo man Stimmen herkriegen könnte. Bayern ist groß, und so kennt man nicht jeden Landkreis und nicht jeden, der auf Kreisebene ein Amt beim BBV bekleidet. Darum habe ich versucht, in allen Ecken Unterstützer zu haben, die mich in ihrer Region ein wenig bekannt machen.

Kurzer Einwurf

Die Wahl des Präsidenten des Bayerischen Bauernverbandes erfolgt nach Satzung §16 (13) durch:

a) Den Präsidenten des Landesverbandes, soweit er nicht Präsident eines Bezirksverbandes ist,
b) die Präsidenten der Bezirksverbände,
c) die Stellvertretenden Präsidenten der Bezirksverbände,
d) die Bezirksbäuerinnen,
e) die Stellvertretenden Bezirksbäuerinnen,
f) die Kreisobmänner,
g) die Landesbäuerin,
h) die Stellvertretenden Landesbäuerinnen,
i) je einen Vertreter und eine Vertreterin der vom Bayerischen Bauernverband anerkannten Landjugendorganisationen
j) einen Vertreter des Verbandes für landwirtschaftliche Fachbildung in Bayern e. V.,
k) einen Vertreter der Arbeitsgemeinschaft der Nebenerwerbslandwirte im Bayerischen Bauernverband,
l) die Direktoren der Bezirksverbände,
m) den Generalsekretär,
n) der/die Stellvertretenden Generalsekretär(e)
Erreicht ein Bezirksverband durch die Wahlberechtigten nach den Buchstaben a bis f
nicht die Gesamtzahl von 15, so kann er bis zu dieser Zahl weitere Wahlberechtigte
durch den Bezirksvorstand wählen.

Nun weiter im Text…

Meine 10 Minuten in Mittelfranken

Wir Kandidaten haben vorab vereinbart, dass wir uns gemeinsam in allen sieben Bezirksverbänden vorstellen. Los gings Ende September in Unterfranken, den Abschluss machte Oberbayern Mitte Oktober. Jeder hatte dabei 10 Minuten Zeit, sich und seine Ideen vorzustellen. Dabei waren die anderen Kandidaten nicht im Raum. Danach war noch die Möglichkeit für Fragen und Antworten mit allen Kandidaten gemeinsam.

Die Reihenfolge wird ausgewürfelt.

Ich fand diese drei Wochen extrem spannend und für mich sehr aufschlussreich und prägend. Man lernt extrem viele neue Leute kennen und darf sich darin probieren, vor interessierten Bäuerinnen und Bauern seine Ideen vorzustellen, wie man als Präsident die Zukunft gestalten will. Dies war auch das, was in den letzten Monaten immer im Kopf drin war. Wenn mir unter der Arbeit wieder ein Gedanke kam, wurde der gleich als Text oder Sprachnachricht auf dem Smartphone abgespeichert.

Unterwegs durch ganz Bayern

Man bereitet sich dann auf die Vorstellungsrunden vor, überlegt sich ein Konzept und einen Spannungsbogen und dann geht’s los. Und stellt dann in der ersten Runde fest, dass man nicht alles in den 10 Minuten unterbringt und überarbeitet dann für die nächste Runde alles. Auch war es auch ein Kennenlernen unter den Kandidaten, da man sich alle paar Tage gesehen hat, miteinander geratscht hat, wenn einer von uns fünf zur Vorstellung drin war und wir draußen gewartet haben. Auch das war ein schöner Nebeneffekt. Und die rund 2500 Kilometer, die ich meinem alten Renault zugemutet hab, waren auch leichter zu bewältigen, als ich erst gedacht hatte. Diese Woche hat er neues Öl und neue Bremsen bekommen, als Dank dafür, dass er in letzter Zeit übermäßig viel auf der Straße war.

Georg Sachsenhauser, Gerhard Langreiter, Stefan Köhler, Siegfried Jäger und Günther Felßner

Neben den Möglichkeiten, sich vor Ort zu präsentieren, hat der Bauernverband auf seiner Homepage Steckbriefe veröffentlicht. Außerdem konnte die Leser des Wochenblatts Fragen an uns stellen, die dann jeweils auf einer Seite beantwortet wurden.

Ein Ausschnitt aus dem Bay. Ldw. Wochenblatt

Und wenn dann unter anderem die Süddeutsche Zeitung über die anstehenden Wahlen des Bayerischen Bauernverbandes schreibt und man hört, wie zum Beispiel im Bayerischen Landwirtschaftsministerium diese Personalie Thema ist, dann merkt man schon, welchen Stellenwert in Bayern (und auch im Rest Deutschlands) dieses Amt des BBV-Präsidenten hat.

Das lässt natürlich den Adrenalinspiegel langsam ansteigen. Unterstützt wird das noch dadurch, dass alle Kandidaten für den Fall der Wahl einen Zeitplan für die Medientermine am Tag der Wahl und schon viele Termine für die Tage und Wochen nach der Wahl bekommen haben.

Der Tag der Wahl rückt näher

Mir war klar, dass ich nicht als Favorit in die Wahl gehe und die eine oder andere Rückmeldung hat mich in dieser Einschätzung bestätigt. Das Gefühl, welche Chancen man hat, hat dann trotzdem, je nachdem, was man an dem einen oder anderen Tag für Gespräche geführt hat, stark geschwankt. Darum geht man schon in den Wahltag mit dem Bewusstsein, dass man am Ende des Tages vielleicht Bayerischer Bauernpräsident ist. Am Tag vor der Wahl, an dem ich im Stall die neugeborenen Ferkel versorgt habe, wurde mir nochmal richtig bewusst, was das heißen würde. Denn dazu wäre ich im Falle der Wahl nicht mehr oft dazu gekommen.

Nachdem ich eigentlich nie richtig nervös war und auch am Freitag vor der Wahl ziemlich locker Gespräche mit den Wahlmännern und -frauen geführt habe, war dann im Saal auf einmal eine Aufgeregtheit da, die ich so noch nicht erlebt habe. Meine Versuche, mich über Herumklicken auf dem Handy abzulenken, waren überaus erfolglos. Aber es half ja nichts. Es war soweit. Nach der Rede von Walter Heidl ging es zur Wahl, die Reihenfolge wurde ausgelost und ich durfte als Zweiter meine 5-minütige Rede halten. Dieses Mal nicht frei an Stichpunkten entlang gehangelt, sondern ausformuliert. Denn kleine Schwenker kann man sich bei 5 Minuten nicht erlauben, dafür ist die Zeit zu kurz und ich wollte nicht, dass ich überziehe.

Nach meiner Vorstellung war mir dann deutlich leichter und ich war schnell wieder zu Scherzen aufgelegt 😉

Nun gingen dann alle Wahlberechtigten zu den beiden Wahlkabinen und gaben ihre Stimmen ab und relativ schnell wurde dann das Ergebnis des erstens Wahlgangs verkündet. Wie bereits oben vorweggenommen hat es bei mir nicht für die Stichwahl gereicht. Was folgte, waren viele Schulterklopfer und aufmunternde Worte mit drei immer wiederkehrenden Kommentaren:

  • “Du bist ja noch jung.”
  • “Wer weiß, für was es gut ist.”
  • “Ist vielleicht besser für dich und deine Familie.”

Und alle haben recht.

Fazit

Ich musste es nicht werden. Es war mein Angebot an den Verband, nicht mehr und nicht weniger. Ich war abends zum Stall daheim und war richtig gern unter “meinen Sauen”. Ich bin gerne Bauer. Und bin gerne Bauernverbandler. Auf die Frage, die ich in der letzte Woche oft gestellt bekommen habe, “ob ich die Niederlage schon verdaut habe”, war meine Antwort immer: Eine Sekunde nach der Bekanntgabe der Stimmen! Natürlich überlegt man sich schon, warum man von einigen, mit deren Stimme man gerechnet hat, dann doch keine bekommen hat. Aber dafür ist es ja eine geheime Wahl, obwohl ich es schon verkraftet hätte, wenn man mir – gerne auch vorab – sagt, warum man nicht von mir überzeugt ist. Auch das haben einige gemacht und dass war auch wichtig für mich und meinen Kompass.

Mit Günther Felßner ist jemand Präsident geworden, der meiner Meinung nach der richtige Mann ist, den Bauernstand zu einen und den Verband weiterzuentwickeln. Klar, jeder von uns fünf Kandidaten hatte andere Schwerpunkte und dadurch wird nun sicher nicht alles umgesetzt, was ich mir gewünscht hätte (wobei ich dies ja auch erst alles mal umsetzen hätte müssen…). Aber hier hat es ja Günther Felßner gesagt: “Wir sind eine Mannschaft und jeder kann seine Talente im Bauernverband einbringen.” Stichwort Ideenwerkstatt. Und da wurde unter anderem durch unseren Verbandsprozess Rolle Vorwärts schon viel auf den Weg gebracht.

Ich bin ja nun weiterhin stellvertretender Kreisobmann im Landkreis Mühldorf und Fleischerzeugerringvorsitzender im östlichen Oberbayern. Und da hab ich diese Woche schon wieder gemerkt, dass mir nicht langweilig wird.

Ich möchte mich an dieser Stelle nochmal bei allen bedanken, die mich in den letzten Monaten unterstützt und begleitet haben, insbesondere bei meinem Kreisobmann Ulrich Niederschweiberer. Natürlich bei meiner Familie, weil ich in den letzten Wochen oft den Kopf woanders hatte. Und auch bei allen 22 Wahlberechtigten, die mich gewählt haben. Danke für das Vertrauen, dass ihr in mich gesetzt habt.

Und die Leser dieses Blogs dürfen sich glücklich schätzen, dass ich vielleicht wieder mehr Zeit habe, hier meine Gedanken zu verschriftlichen 🙂

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