Fleischermeisterin Dhem kritisiert das gegeneinander in der Fleisch- und Wurstbranche
Ich bin heute Vormittag auf einen emotional verfassten Facebookpost von Sarah Dhem gestoßen, der wirklich lesenswert ist.
Parallelen zur Landwirtschaft
Ich sehe als Landwirt gewisse parallelen zur Landwirtschaft. Da habe ich das Gefühl, dass auch viel zu oft gegeneinander gearbeitet wird. Bio gegen Konventionell, groß gegen Klein, Nord gegen Süd, BDM gegen Bauernverband und so weiter und natürlich auch umgekehrt!
Aber lest bitte selber und kommentiert Eure Meinung dazu:
Moin.
Mein Name ist Sarah Dhem, ich bin Fleischermeisterin und ich bin entsetzt über das Gegeneinander unserer Branche.
Alles fing an mit einem Artikel der Deutsche Presse-Agentur. Der Redakteur Elmar Stephan war der Meinung, dass es doch so viele positive Entwicklungen gibt, über die er gerne berichten wollte. Er hat in meinen Augen einen tollen Artikel verfasst, in dem er uns und Kollegen wie Bauer & Metzger und Sostmann Feinkost-Fleischerei als Beispiele angeführt hat. Aufregend ist sowas und wir haben uns wirklich gefreut!
Fleischerhandwerk mit “craftwashing-Vorwurf
Doch dann teilen plötzlich das Fleischerhandwerk und der Deutscher Fleischer-Verband den Artikel mit dem Vorwurf, wir bei Kalieber wären ja gar keine Handwerker, wir würden nur “craftwashing” betreiben, hätten nur ein cooles Logo, aber kein Handwerk drin, würden auf einen Zug aufspringen:
Wow. Das saß. Mirko und ich saßen da und wussten nicht, was wir dazu überhaupt sagen sollten. Ich habe das Fleischerhandwerk von der Pike auf gelernt, Mirko ist als Koch ebenfalls Handwerker.
Kalieber stammt aus dem Hause Schulte – Lastruper Wurstwaren – Schulte ist mein Mädchenname – und wir verschweigen diese Wurzeln nicht. Im Gegenteil, wir sind stolz darauf und schreiben das auch ganz deutlich auf unserer Website:
Tradition seit 1948
Schulte wurde 1948 von meinem Opa gegründet, seit 1973 ist mein Papa mit dabei, seit 2004 bin auch ich hier in Lastrup mit von der Partie, Mirko kam 2010 endgültig mit dazu.
- 3 Generationen Fleischermeister
- 3 Generationen Begeisterung für Handwerk und Qualität.
Lange Innungsmitglied
Und das ganze auch sehr lange in der Innung hier in Cloppenburg. Opa war lange Prüfungsausschussvorsitzender und Papa Obermeister.
Durch unser Handwerk und die Qualität, die wir hier produzieren, sind wir irgendwann größer geworden und vor einigen Jahren sind wir mit Schulte aus der Innung ausgetreten, da der zu zahlende Betrag nicht mehr im Verhältnis stand, was die Innung uns bieten konnte. Wir müssen nämlich auch Kaufleute sein.
Sarah Dhem im Vorstand des BDFV aktiv
Wir sind ebenfalls Mitglied im BDFV, dem Bundesverband der Deutschen Fleischwarenindustrie e.V., hier bin ich seit ein paar Jahren im Vorstand. Ich bin ein überzeugter Anhänger von Verbänden und Gemeinschaften! Einfach weil ich fest davon überzeugt bin, dass gemeinsam alles leichter geht als alleine oder sogar gegeneinander. Dabei muss ich nicht jeden Betrieb und seine Arbeitsweise gut finden. Aber genau darum sind wir hier vor Ort seit drei Jahren im Gespräch, ob wir nicht auch mit der Innung wieder einen gemeinsamen Weg finden können.
Warum dieses Gegeneinander?
Und dann komme ich Dienstagabend gut gelaunt vom Fußballtraining nach Hause und sehe den obigen Post. Liebe Herren und Damen vom Fleischerhandwerk, wie zur Hölle kommt ihr auf so ein schmales Brett, sowas zu schreiben? Wer macht sowas? Warum tut ihr euch das an?
Denn ganz ehrlich: nach zwei Tagen grübeln und Warten auf eine Antwort von euch muss ich feststellen, dass ihr damit nicht uns geschadet habt, sondern euch selber. Warum antwortet ihr auf keine der gestellten Fragen?
DANKE an dieser Stelle für den Rückhalt so vieler Kollegen!
Vom Wurstnerd über Sandra Schröder bis hin zu Ludger Freese oder Camillo Lev. Danke für eure Worte, denn das zeigt mir, dass die neue Generation Fleischerhandwerk genau das nicht will – ein Gegeneinander.
Aktuelle Projekte wie Fleischglück, die Nationalmannschaft des Fleischerhandwerks oder Fleischerhandwerk – Wir sind anders zeigen das ganz deutlich.
Miteinander!
Ob mit “f” oder ohne: Es geht um Ehrlichkeit, es geht um unser wundervolles Handwerk, es geht um Vielfalt und Geschmack, es geht um ein MITEINANDER!
Um es mit den Worten von Elke Pelz-Thaller – Die Mentalbäuerin zu sagen:
“Wer andere abwertet, hat ein Problem mit der eigenen Größe”.
Und so ist das auch. Wenn alle vor ihrer eigenen Haustür kehren und dort alles in Ordnung ist, dann kann man wundervolle Sachen zusammen auf die Beine stellen. Wir tun uns doch alle gegenseitig nicht weh! Katrina Ruwe verkauft 9 km weiter bei Schlömers Suppe tollste Cuts vom Oldenburger Weiderind. Das wird doch nicht weniger, nur weil wir in Lastrup auch Rindfleisch verkaufen! Im Gegenteil! Kunden, die auf sowas abfahren, lieben doch grade die Vielfalt – und die bekommen sie hier in der Region vor der Hautür!
Wir planen aktuell für 2019 eine gemeinsame Aktion mit Heiko Brath – Alte Wutz trifft Bentheimer! Das ist keine Konkurrenz, das ist einfach gigantisch, wenn solch fantastische Produkte aufeinander treffen dürfen!
Wurstwelt auf den Kopf stellen
Wenn wir es endlich schaffen, miteinander zuarbeiten – egal wie groß oder klein wir sind, Industrie, Handwerk oder Bauchladen – wir könnten die Fleisch- und Wurstwelt auf den Kopf stellen. Was wäre das schön.
Facebookpost von Sarah Dhem (ich habe einige Überschriften eingefügt)
Artikel von Elmar Stephan im Weserkurier
Aktueller Facebookpost von Sarah Dhem:
“Die Münsterländische Tageszeitung hat eine Stellungnahme vom Deutscher Fleischer-Verband bekommen. Wir nicht mal eine Antwort bei Facebook. Wahnsinn, ehrlich. Man sieht mich selten sprachlos, aber hier fällt mir langsam wirklich nichts mehr ein.
EDIT: der Verband bleibt dabei, Handwerk ist nur, wer in der Innung ist.”
Gericht schützt Kalieber vor Rufschaden