Das schwierige Amt des Landwirtschaftsministers in Niedersachsen

nachdenklicher Minister Meyer (c) bild.de
nachdenklicher Minister Meyer (c) bild.de

Der vom Bauernschreck zum vermeintlichen Bauern-Schmeichler mutierte aktuelle Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne) gerät aktuell schwer unter Druck: Der Staatsekretär seines Ressorts Udo Paschedag wurde jüngst vom Ministerpräsidenten Weil (SPD) entlassen bzw. in den einstweiligen Ruhestand versetzt.
Die Opposition von CDU und FDP kritisierten die Bezüge Paschedags und bemängelten die unübliche Dienstwagenvergabe und Ausstattung seines Büros mit einer Klimaanlage. Die genaue Chronologie hat der NDR knapp zusammengefasst: (Video)
Aber damit ist die Affäre noch nicht beendet. Jetzt geht es darum, wer was wann wusste. Dieses wird in einem Untersuchungsausschuss geklärt werden. Die Opposition hat Blut geleckt und wollen die Rollen des Landwirtschaftsministers und möglicherweise auch des Ministerpräsidenten Weil bei dieser Affäre durchleuchten.
Wenn die Regierung nicht wankt, dann zumindest doch Christian Meyer. Er ist nicht der erste Landwirtschaftsminister in Niedersachsen, der mit allen Mitteln der Macht bekämpft wird. Erinnert sei hier an seine Vorvorgängerin Astrid Grotelüschen.

Astrid Grotelüschen (CDU) war Nachfolgerin von Hans-Heinrich Ehlen und stand für Umweltverbände und Tierschutzorganisationen als Symbolfigur für die sogenannte Massentierhaltung. Dementsprechend wurden nahtlos viele Vorwürfe gegen Grotelüschen selbst, ihrer Brüterei und den der Brüterei verbundenen Betrieben erhoben. Nach 8 Monaten heftigsten Gegenwindes war ihre Amtszeit Ende 2010 wieder vorbei und es folgte der erfahrene ehemalige Staatsekretär Gert Lindemann, der mit seinem 38-Punkte-Plan für mehr Tierwohl zunächst viel Wind aus den Segeln der kritisierenden Verbände nehmen konnte.

Dabei wurde dieser Tierschutzplan von vielen Landwirten nicht bejubelt. Erst mit vielen Diskussionen mit den Landwirten und deren Berufsvertretern konnte Lindemann die Landwirtschaft in der Breite mitnehmen. Bis 2018 sollte auf wissenschaftlicher Basis  der Tierschutz in der Nutztierhaltung deutlich verbessert werden.

Der Themenkomplex um intensive Tierhaltung, Gülledüngung, grüne Gentechnik und Antibiotikaeinsatz wurde von den Grünen zur Landtagswahl in Niedersachsen Anfang diesen Jahres zum Wahlkampfthema Nr. 1 gemacht. Die Sprache verschärfte sich. In der Diskussion um intensive Landwirtschaft waren die Begriffe wie Massentierhaltung und Qualzucht noch die harmloseren Vokabeln. Zwischenzeitlich dürfte so manche Verbraucher den Eindruck erhalten haben, dass Landwirte generell  Tiere quälen, das Grundwasser verseuchen, ihre Tiere “mit Antibiotika vollpumpen und dafür auch noch hohe Subventionen erhalten.

Die Grünen hatten mit dieser Strategie Erfolg und führten – wenn auch sehr knapp – den Regierungswechsel gemeinsam mit der SPD (die sich leider schon zu Kanzler Schröders Zeiten aus dem Gebiet der Landwirtschaft weitgehend heraus hält) in Niedersachsen herbei. In Niedersachsen, dem Agrarland Nr.1 in Deutschland.

Die Landwirtschaft steht aktuell unter Generalverdacht- beim Tier-, Umwelt- und Verbraucherschutz gleichermaßen. Und dafür ist Agrarminister Meyer mit verantwortlich! Er bezeichnet seine Agrarwende als sanft, doch die überwiegende Mehrheit der bäuerlichen Familienbetriebe sieht seine Arbeit als Bedrohung an. Gerade in Niedersachsen hat die Landwirtschaft sich frühzeitig nach den Märkten ausgerichtet und steht nicht zufällig an der Spitze im Ländervergleich. Auch den Vergleich mit unseren europäischen Mitbewerbern können wir Stand halten. Mit einerUmsetzung der Agrarwende ist der Stand Niedersachsens aber in Gefahr. Die Produktion wird durch Auflagenerhöhungen und zusätzlicher Bürokratie verteuert, wenn sie nicht gleich verhindert werden kann.
Sollen künftig die niedersächsischen Landwirte ein ähnliches Einkommensniveau erlangen, sind entweder erheblich höhere Nahrungsmittelpreise oder höhere Ausgleichszahlungen des Staates von Nöten.

Kurzum: Das Niedersächsische Agrarministerium ist der Schlüssel im Richtungsstreit um die künftige Ausrichtung der Agrarpolitik. Auch deswegen ist der Ton auf beiden Seiten bisweilen recht scharf. Am 22. September ist Bundestagswahl und bei einem Regierungswechsel mit grüner Beteiligung stünden erhebliche Veränderungen für die Landwirtschaft an. Ein Amtsverlust von der grünen Ikone Meyer wäre für die Gegner der sogenannten Agrarwende ein großer Sieg. So lässt sich sicher auch die Härte im Streit um die Affäre des Staatssekretärs Paschedag erklären. Letztlich geht es also um die künftige Ausrichtung der Landwirtschaft- und ich muss kein Prophet sein, wenn ich vorhersage, dass die Paschedag-Affäre mindestens bis zur Bundestagswahl weiter geköchelt wird und außerdem in den Medien noch der ein oder andere Skandal rund um die intensive Tierhaltung inszeniert wird.

Ich würde mir wünschen, wenn wir wieder zu einem sachlichen Umgang miteinander finden könnten, so wie es Gert Lindemann bis vor einem halben Jahr versuchte.

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