Weltmilchgipfel des internationalen Milchwirtschaftsverbandes in Indien

Über den Whatsapp-Status habe ich entdeckt, dass Wolfgang Scholz, Vorsitzender des VMB (Verband der Milcherzeuger Bayern e. V.) sich gerade in Indien aufhält, wo gerade in Delhi das World Dairy Summit 2022 stattfindet. Er war Teilnehmer eine deutschen Delegation, die von Karsten Schmal, Vorsitzender des VDM und Milchpräsident des Deutschen Bauernverbandes, angeführt wurde. Der VDM ist wiederum Mitglied der International Dairy Federation (IDF), die diesen Gipfel veranstaltet hat.

Mir kam daraufhin gleich der Gedanke, ob dies nicht auch ein guter Artikel für Blogagrar wäre und darum gibt es hier einen kurzen Reisebericht von Wolfgang Scholz:

Servus Wolfgang, was habt ihr als erstens gemacht, als ihr in Neu Delhi angekommen seid?

Nachdem wir unser Hotel in Neu Delhi bezogen, stieß zu uns ein sehr gut deutsch sprechender Reiseleiter, der uns hervorragende Einblicke in die indische Kultur darbot. Zu unserer Gruppe kam tagesweise auch Frau Inge Bayer von der deutschen Botschaft in Delhi. Ein Teil der Rundreise bestand aus kulturellen Besichtigungen wie die Moschee Jamal Masjid, das Rote Fort aus der Mogul-Zeit und das Mahatma Gandhi Denkmal an seinem Verbrennungsplatz.

Milchsammeltankwagen

Habt ihr euch auch die Landwirtschaft in Indien angeschaut?

Ja, wir haben Bauernhöfe, Versuchsbetriebe, Molkereien, Forschungs- und Untersuchungslabore angeschaut, wo wir viele deutsche Technik gesehen haben. Unter anderem waren wir auf der Milchfarm Binsar Farms mit 300 Tieren. Das ist ein anerkannter Betrieb, der neue Maßstäbe setzen soll: Kreuzung HF x Jersey, wegen des geringeren Körpergewichts und des niedrigeren Erhaltungsbedarfs. Leistung ca. 10 kg Milch pro Tag. Kein Leistungsfutter, Grundfutter sehr extensiv. Es sind ca. 50 Mitarbeiter dafür notwendig.

Der Betrieb arbeitet meiner Meinung nach nicht in geschlossenen Kreisläufe. Auf den Feldern findet man Unmengen an Plastikvermüllung. Mist wird nur beiseite auf unbefestigten Boden geschoben. Wenn dort kein Platz mehr ist, wird er in ein kleines Eukalyptuswäldchen entsorgt! Sorghum wird auf dem Feld von Hand gesichelt, von Hand auf kleine Hänger beladen und am Hof von Hand in einen kleinen Feldhäcksler gegeben.

Indien ist der größte Milcherzeuger der Welt mit 200 Millionen Milchviehhaltern mit einem Durchschnittsbestand von 2 Kühen. Allerdings finden nur 20 % der Milchmenge den Weg in die Erfassung. Die Inder sind größtenteils Vegetarier, somit ist Milch ein essentieller Eiweißversorger, ohne dem die Ernährung nicht denkbar wäre. Die indische Kuh oder der Wasserbüffel geben täglich 5 bis 10 Liter Milch. Die alten Rassen und die Büffel stehen allerdings 5 Monate im Jahr trocken. Diese Tiere treiben sich überall herum und müssen sich ihr Futter selber suchen. Häufig haben wir diese Tiere im überall umherliegenden Müll schlecken sehen. Jede Kuh hat einen Besitzer, der auch immer wieder mal schaut, wo sich seine Tiere befinden. Männliche Tiere sind herrenlos und vagabundieren ihr ganzes Leben lang. Wenn also die indische Familie 10 Liter Milch erzeugt, so braucht sie 5 für das Kalb, 3 für den eigenen Bedarf und 2 werden abgegeben, in der Regel direkt im Umfeld verkauft.

Chef der mikrobiologischen Forschungseinheit Schweiz

Wie war dein Eindruck insgesamt von Indien?

Ich bin erschrocken über das Ausmaß dieser Überbevölkerung , vor allem aber, wie der Mensch dort alles vermüllt und vergiftet.

In welchem Rahmen fand dann der eigentliche Weltmilchgipfel statt?

Auf dem Gipfel waren ca. 1500 Delegierte aus der ganzen Welt anwesend. Eröffnet wurde die Konferenz von Premierminister Modi, im weiteren Verlauf der Tagung sprachen 12 seiner Bundesminister. Dort gab es dann vielfältige Möglichkeiten, sich auszutauschen, wie zum Beispiel bei den IDF Business Meetings, Farmers Round Table oder World Dairy Leaders Forum. Der VDM hat einen “Deutschen Abend” veranstaltet, es gab ein Farmers Dinner und der IDF Dairy Innovation Award wurde verliehen.

Premierminister Modi

Dein Fazit aus der Reise?

Ich begreife noch viel weniger, dass unsere Wohlstandsgesellschaft immer noch mehr Ökologisierung und Extensivierung will, wo doch in unserem Land so ziemlich die ressourcenschonendste Landwirtschaft auf diesem Globus praktiziert wird. In meiner ethischen Bewertung läuft das dekadente Treiben unserer Gesellschaft in eine völlig falsche Richtung. Das wiederum heißt, dass wir Bauern auch viel mehr, ehrlich, wissenschaftsbasiert und wesentlich deutlicher mit klarer Kante nach außen kommunizieren müssen.

Wolfgang, vielen Dank für diese indischen Einblicke!

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