Wenn die Psyche nicht mehr mitmacht

Seit längerer Zeit trage ich dieses Thema mit mir herum: Psychische Erkrankungen in der Landwirtschaft. Ausgangspunkt war ein Video, wo sich ein Bauer in sehr extremer Ausdrucksweise und den Tränen nahe über Politik und Gesellschaft beschwert hat. Laut seinen Aussagen, stand er mit seinem Betrieb mit dem Rücken zur Wand. Mein erster Eindruck war: Der Mann braucht dringend Hilfe. Auch topagrar hat dazu vor zwei Wochen einen Artikel online gestellt, der unter anderem die fehlende Wertschätzung unseres Berufsstandes als Grund nennt, dass die Zahl der Erkrankungen zunimmt.

Was mir wichtig erscheint, hier klar zu stellen: Eine Depression ist eine Krankheit. Manche Menschen sind anfälliger dafür, andere nicht. Darum sollte man glaube ich nicht der “Gesellschaft” die Schuld dafür geben, dass Bäuerinnen und Bauern an einer Depression leiden. Aber klar ist auch – Menschen, die eben diese Krankheit “haben”, kommen durch solche Außenwirkungen schneller in einen seelischen und körperlichen Zustand, der eine Behandlung nötig macht.

“Reiß dich mal zusammen…”

Und eins ist klar: Wenn es einen Berufsstand gibt, wo Depressionen unter den Teppich gekehrt werden, dann ist es die Landwirtschaft. Dieses Tabu, darüber zu reden, ist, so kommt es mir vor, vor allem auf dem Land immer noch sehr verbreitet. Außerdem sind wir Einzelkämpfer, arbeiten oft alleine oder mit der Familie auf dem Hof. Da fallen psychische Probleme vielleicht lange niemanden auf. Dazu kommt noch ein falsch verstandener Bauernstolz, wo man meint, man muss die Zähne zusammenbeißen, dann vergeht es schon wieder.

Ich persönlich bin ein meist durchwegs positiver Mensch und eine gewisse Dosis Stress mag ich eigentlich ganz gerne. Aber auch ich hatte schon Phasen, wo es mir dann doch zu viel wurde und und wo man sich morgens unmotiviert aus dem Bett gequält hat und mehr schlecht als recht den Tag rum gebracht hat. Ich hab mich dann mal gefragt, ob das Anzeichen eines Burnouts sind und Google angeworfen. Bei mir ging die Phase wieder rum. Aber ich denke, es schadet nicht, wenn man immer mal wieder in sich hineinhört und sich fragt, ob man “O.K” ist.

Geht’s mir gut?

Wenn man hier kein eindeutiges JA sagen kann, sollte man sich dringend mal ganz unverbindlich Hilfe holen. Sich beraten lassen. Jemanden Dritten drüber schauen lassen. Hier zwei Hotlines: Die Krisenhotline der SVLFG und in Bayern gibt es auch das Montagstelefon des Bayerischen Bauernverbands. Zu diesem Thema gibt es außerdem ein sehr gutes Interview mit Frau Heidi Perzl von der SVLFG beim Bayerischen Rundfunk. Hört es euch an!

Dann gibt es natürlich auch viele andere Probleme, die auf Bauernhöfen auftreten können. Nicht alles ist gleich eine Depression. Was mir zum Beispiel immer mehr auf die Nerven geht, ist die ständige Jammerei und das Allesschlechtreden. Wo bei allem ein Haar in der Suppe gefunden wird. Kurz gesagt: Wenn immer alles negativ gesehen wird. Ich frage mich dann immer, wie es bei diesen Menschen daheim am Mittagstisch abläuft. Herrscht dort die selbe negative Stimmung? Wie kann man so sein Leben leben? Ich könnte das nicht. Ich frage mich auch, wie und auch warum die Kinder später mal den elterlichen Betrieb übernehmen sollten, wenn sie keine positive Energie mitbekommen haben? Das Leben und dadurch auch die Arbeit, soll doch Spaß machen. Wenn diese Freude an der Landwirtschaft nicht vermittelt werden kann, weil alles scheiße ist. Was denken sich dann die Kinder?

Apropos Kinder: Generationenkonflikte sind natürlich auch eine große Herausforderung auf den Höfen. Mittlerweile lebt man zwar nicht mehr so eng zusammen, wie noch eine Generation davor. Aber unsere Bauernhöfe sind Familienbetriebe und wenn man vielleicht auch wohnlich getrennt ist, spätestens bei der täglichen Arbeit hat man viel miteinander zu tun. Auch die Übergabe des Hofes an die nächste Generation ist nicht frei von Konflikten.

Konfliktherd Landwirtschaft

So gibt es viel Konfliktpotential und bevor es eskaliert, sollte man sich hier in gute Hände begeben. Bei der Landwirtschaftlichen Familienberatung, die in ganz Deutschland tätig ist, findet man für die jeweilige Region eine meist kirchliche Anlaufstelle, bei mir in Oberbayern zum Beispiel die Bäuerliche Familienberatung der Erzdiözese München und Freising.

Hier kann man sich auch beraten lassen, wenn man sich finanziell verhoben hat und nicht mehr weiter weiß. Wenn man nicht weiß, wie es mit dem Hof weitergehen soll. Wenn man Eheprobleme hat. Wichtig ist – man ist nicht allein. Es gibt Menschen, die einem helfen. Und es ist nichts besonderes! Eine Million Deutsche gehen jedes Jahr zur psychologischen Beratung.

Aber was glaube ich für Betroffene viel hilfreicher ist, als mein Geschreibsel, ist das Gespräch zwischen Kurt Krömer und Torsten Sträter in der Show “Chez Krömer” Durch dieses Interview habe ich die Krankheit Depression besser verstanden, wie wenn ich ich dutzende von Artikeln dazu gelesen hätte. Mir viel es richtig wie Schuppen von den Augen und ich kann diese halbe Stunde wirklich allen empfehlen.

Macht es gut und bleibt gesund!

2 comments Add yours
  1. Wenn man täglich in den Medien erfährt, dass man Tiere quält und die Menschen, das Wasser und die Umwelt vegiftet. Wenn die Kinder weinend von der Schule kommen, weil eben die/der Lehrer/in das Gleiche verbreitet und die Mitschüler mit den Fingern auf sie gezeigt haben. Wenn es im Bundestag Deutschlands möglich ist, dass eine Politikerin der Landwirtschaft schuld an Corona zuschiebt, ohne dass sie dafür gerügt wird. Wenn man als der ganzen Welt Verderben hingestellt wird. Wenn keinerlei Fortschritte und kein Entgegenkommen jemals gewürdigt wurden sondern nur zu weiteren Verschärfungen und Auflagen führten. Wenn den ordnungsgemäß wirtschaftenden Landwirten die Existenzgrundlage genommen wird und sie von sich nicht so ganz an Recht und Gesetz haltenden KollGegen oder mit außerlandwirtschaftlichem Kapital ausgebootet werden. WEN WUNDERTS?

  2. Mindset ist existenziell

    Die Schwierigkeit der heiklen Situation in der Landwirtschaft ist ein komplexes Problem und wurde sicherlich in dem letzten Jahr noch extremer. Allerdings muss beachtet werden, dass diese Herausforderung in jedem Bereich zugespitzt ist.

    Die Arbeit der Bauern und die Leistung der landwirtschaftlichen Betriebe verdienen ein großes Maß an Respekt, keine Frage. Die Wertschätzung nimmt leider ab und das bereits seit Jahren. Das digitale Zeitalter, die zunehmende Technologie und die immer rasanter wachsende Industrialisierung hat den Beruf des Bauern in den Schatten gerückt. Diese Tatsache ist ein Fakt, der nicht zur Diskussion steht, jedoch sollten die Menschen genau wegen diesem Sinneswandel den Beruf des Bauern schätzen. Er ist ein ehrlicher, fleißiger und treuer Arbeiter, der seinem Brauch, seiner Familie und dem Leben auf dem Hof loyal geblieben ist.

    Dieses Leben beherbergt natürlich Herausforderungen, die immer mehr zugenommen haben. Die Erkrankung an Depressionen ist ein ernst zu nehmendes Thema, dass keineswegs im Vergleich zu anderen Krankheiten verharmlost werden darf. Therapeuten müssen eingeschaltet werden, allerdings darf der Patient oder ein Betroffener die folgende Wahrheit nicht vergessen. Kein Umstand, kein Therapeut und kein Politiker kann einem Menschen den inneren Frieden zurückgeben. Die Gesellschaft und die sozialen Regeln beeinflussen unser Leben, keine Frage. Aber genau wie sie unseren inneren Einklang nicht gewährleisten können, können sie ihn uns auch nicht nehmen. Die seelische Abgeklärtheit und eine entspannte Gemütsverfassung sind nur eine Frage von einem gesunden Mindset. Leider fällt es den Menschen einfacher, die Schuld auf die höheren Mächte zu schieben, als an der eigenen Beherrschung zu arbeiten. Sie konzentrieren sich auf Wahrheiten, die sie so einfach nicht ändern können, anstatt auf die Gegebenheiten, die in ihren Händen liegen.

    Ich kann die betroffenen Landwirtschaftler schon hören, wie sie sich beschweren, dass es alles leicht gesagt ist. Tatsächlich ist es leicht gesagt und schwer umgesetzt, aber so ist das in jedem Berufsfeld und in jeder Familie. Jeder Mensch wird Komplikationen ausgesetzt, die die Existenz oder die Gesundheit aufs Spiel setzen können. Zahlreiche Unternehmen sind wegen des gleichen oder wegen anderen schwerwiegenden Umständen gefährdet. Zwei Menschen in der komplett selben Situation können extrem gespaltene emotionale Zustände aufweisen, weil sie sich unterschieden mit der Problematik befassen. Die mentale Verfassung wird durch den mentalen Umgang gelenkt. Der Faktor, auf den man sich konzentriert, den man in seinem Leben zum Schwerpunkt macht, um den die Gedanken kreisen, wird das Leben dominieren. Der Faktor kann die Annahme sein, vom Schicksal gestraft zu sein, oder – vom Wunder des Lebens geküsst zu werden. Eine anfällige Person für Depressionen wird genau aus diesem Grund anfällig. Wer sich ausschließlich mit der Negativität beschäftigt, sich die schwarz malerischen Szenarien ständig ausdenkt und in allem ein hoffnungsloses Ende sieht, wird die damit verbundenen Gefühle erleben, ohne dass die Ängste überhaupt Realität geworden sind. Der Mensch, der sich mit den affirmativen Seiten auseinandersetzt, sich den letzten Hoffnungsschimmer nicht nehmen lässt und auf eine Problemlösung hinausstrebt, wird Glück und Erfolg erleben.
    Die Politiker und die Regeln, die befolgt werden müssen, werden diesen Faktor mit Sicherheit beeinflussen. Aber der Umgang damit liegt im Mindset. Die Annahme, dass das Glas entweder halb leer oder halb voll ist, ist überholt. Das Individuum wird sich das Glas entweder selbst voll einschenken, oder es auf dem Kopf mit eigenen Händen leeren und zerbrechen lassen.

    Die positive Leidenschaft ist genauso ansteckend, wie die negative Energie, die der Mensch ausstrahlt. Dieses Haar in der Suppe wird nicht selten als Brocken aufgenommen oder benannt und wird dementsprechend als einer betrachtet. Häufig ist der Brocken immer da, wird größer und setzt sich mitten auf die Brust. Es wird vergessen: Es ist nur ein Haar.

    Die Annahme, dass eine lebensbejahende und aussichtsreiche geistige Einstellung das Leben verbessern kann, ist nicht utopisch. All jene, die diese Tatsache als eine Illusion und einen realitätsfremden Traum abstempeln, sind einfach nur zu faul, passiv und tatenlos. Es gilt nur, den feinen Unterschied herauszuarbeiten. Probleme, riskante Gegebenheiten und Gefahren müssen benannt, erkannt, angegangen, besprochen und bekämpft werden, denn sie einzusehen, ist unabdingbar, um sie zu lösen. Hier liegt der Clou: problemlösend betrachten, nicht problemorientiert. Nach Aussichten suchen, sie nicht zu einem unerreichbaren, fantastischen Objekt machen. Eine Gefahr oder einen bedrohlichen Vorfall nicht zu einem Sündenbock instrumentalisieren und ihm die Schuld für das Leiden geben. Der Sündenbock muss zwangsläufig tatsächlich als Herausforderung angesehen werden, alles andere wäre ein frommer Wunsch, allerdings muss er als eine bekämpfbare Herausforderung anerkannt werden, sonst ist die zum Scheitern verurteilt. Die Zügel liegen immer in der Hand des Individuums.

    Das Lenken der Zügel in die richtige Richtung, bedarf Kraft, Lebensfreude, Training und Mut. Diese Kompetenzen sind tatsächlich genetisch veranlagt und das ist auch kein Problem. Die Entfaltung dieser Kompetenzen können geschult werden, in dem Anregungen, Gespräche und Inspirationen gegeben werden. Das Einschalten eines Therapeuten und klinische Hilfe sind dafür eine hervorragende, professionelle und sichere Methode, zu der man sich nicht scheuen sollte.

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