In der FAZ vom 1.Oktober 2015 erschienen acht Artikel über Landwirtschaft und Ernährung. Georg Keckl macht sich ein paar Gedanken zu den Berichten und Artikeln. Dieses ist 18. der kleinen Serie:
2.13 Die Ökologie beißt sich bei einzelnen Thesen in den Schwanz
Moderne Nutztierrassen nutzen das Futter optimal, d.h. aus wenig Futter wird viel Fleisch. Das ist ökologisch und nicht alte Rassen, die viel Fressen und wenig Eier liefern oder Fleisch ansetzen.
So wie die Hühner an Menschen gewöhnt sind, so reagieren sie auch.
Auf dem DEMETER-Hofgut in Darmstadt kosten die Eier auch 50 Cents, auch von vorbildlichen „Hühnermobilen“ und viele Besucher gewöhnt, wie früher die überall herumkackenden Hofhühner.
Zu Ostern gibt es deswegen so viele Eier, weil ein Großteil der Eier in Aufschlagwerke geht für die Großabnehmer, nur zu Ostern eben nicht.
Ich würde mal behaupten, das Durchschnitts-Konvifutter aus den Werken ist besser als was die Biotiere zu fressen bekommen. Auch bei Bio geht 60% des Getreides ins Futter. Vieles davon würde kein Kraftfutterwerk kaufen.
Deutsche Professoren scheinen inzwischen zu glauben, wenn man das Angebot verändert, ziehen die Kunden nach. Ansprüche, Reden und Verhalten sind zweierlei. Ansprüche hat man gern – an andere. Wer „gesellschaftlich akzeptiert“ als Produktionsvoraussetzung einführen will, wird demokratische Prozesse durch Räteentscheidungen ersetzen. Es kommt zum Terror praxisfernen Labertaschen, die sich für die Gesellschaft halten. Unsere Marktwirtschaft klappt hervorragend, entfaltet größten Nutzen für alle, für das Gemeinwohl, wenn jeder Bereich seine Freiheit und seine Regeln hat, seine Erfolge einstecken kann: Die Bauern die ihren, die Verarbeiter die ihren und auch der ganze Handelsbereich vor und hinter der Produktion die seinen. Die Rahmenbedingungen setzt der Gesetzgeber und alle halten sich daran, respektieren das. Das ist heute demokratisch legitimiert, das wird im Prinzip noch respektiert. Keiner mischt sich zu sehr in die Arbeit des anderen Bereiches ein, wenn es für den eigenen Bereich nicht nötig ist. Wie die Tiere gehalten werden, war Sache der gesetzlichen Rahmenbedingungen und der Bauern, nicht der Verarbeiter oder des Handels. Eine Molkerei hält keine Kühe, will nur beste Milch, eine Schlachterei hält keine Schweine, versteht auch nicht unbedingt viel davon, und der Handel schon gar nicht.
Der Rausch an neuen “Weltverbesserungsinstrumenten” zur “moralischen Reformation” des Clusters kann schnell verfliegen. Man sollte sich schon überlegen, sich bewusst sein, was man in Bewegung setzt, wohin das auch führen könnte, wenn andere hier an die medialen Ruder kommen und das propagandistisch nutzen (“Planziele nicht erreicht” etc.). Wenn jetzt jeder über alles mitbestimmen und sich einmischen will, und womöglich über einen “Ethikrat”, oder wie immer man das nennen will, so wird das nach allen Erfahrungen mit der Soziologie eher in eine “Herrschaft der Labertaschen” (a’ la “Welt-Agrarbericht”) hinauslaufen, denn in eine ethische Reform des Bereiches. Es wird die Wettbewerbsfähigkeit des extrem erfolgreichen Clusters, nach meiner Erfahrung mit Menschen und Moden, eher lähmen statt beleben. Wer weiß dann denn noch, was kommt, auf was Verlass ist? Man sollte sich auch überlegen, was als nächster Bereich unter diese “Betreuung” kommt, ethische Preise, ethischer Handel, ethische Arbeitsbedingungen, ethische “Regionalität”, ethische “Klimabilanzen”, ethische Presse? Es ist absolut sinnvoll und richtig, prinzipiell in Gedanken und Praxis an der bisherigen, demokratisch legitimierten Arbeitsteilung festzuhalten! Bei undemokratischen “Räteelementen” ist sehr aufzupassen, was das wird, das ist streng auf einen speziellen “informellen Nutzen” zu beschränken. Alles andere wäre gegen unser Wirtschaftssystem, wäre ja so was wie ein Gutgläubigen-Kartell. Wir schreiben Euch vor, wie das zu machen ist!
Die Ausgabe der FAZ vom 1.10.2015 ist als e-Paper hier erhältlich: http://e-kiosk.faz.net/faz-2015-10-01-pdf.html