Warum nimmt der Studienkurs Niedersachsen an der Demo „Wir machen euch satt“ teil?

Felix Müller

Johannes Ritz, Teilnehmer an dem diesjährigen Studienkurs in Niedersachsen, einer Weiterbildungseinrichtiung für junge Landwirte, hat mir die Beweggründe in einer Mail geschrieben, warum der Studienkurs an der “Wir machen Euch satt”-Kundgebung teilnehmen werden. Aus diesem Kreis wird übrigens auch Felix Müller in Berlin auf der Bühne stehen und eine kurze Ansprache halten.


Der Studienkurs Niedersachsen unterstützt
die Demo „Wir machen Euch satt“

Eine kurze Vorstellung.
Mein Name ist Johannes Ritz. Während meines Agrarstudiums in Osnabrück habe ich mit einigen Studienkollegen die Internetseite „Massentierhaltung aufgedeckt“ und den Verein „Tierhaltung – modern und transparent e.V.“ gegründet. Etwa ein Jahr war ich zweiter Vorsitzender in dem Verein und habe mich in diesem Feld stark engagiert. Während dieser Zeit habe ich vom Studienkurs Niedersachsen erfahren, an dem ich nun teilnehme und den ich hier kurz vorstellen möchte.

Was ist der Studienkurs Niedersachsen, was sind die Ziele?

Der Studienkurs ist eine Weiterbildung für junge Landwirte, die sich für die Landwirtschaft engagieren wollen. Er dient als Vorbereitung auf die Herausforderungen der Öffentlichkeitsarbeit und des (Ehren-)amtes. Es ist eine intensive Weiterbildung mit einem breiten Themenspektrum: Von Politik auf allen Ebenen, Geschichte und Kultur über Verbands- und Lobbyarbeit bis hin zu Persönlichkeitsbildung, Medien- und Rhetoriktraining.

Wer sind die Teilnehmer?

Die Teilnehmer des Kurses haben sich oft bereits ehrenamtlich engagiert, betreiben Öffentlichkeitsarbeit oder haben so etwas in Zukunft vor. Sie kommen aus allen Teilen Niedersachsens und z.T. auch aus anderen Bundesländern. Die Teilnehmer sind immer „bunt zusammen gewürfelt“, sodass möglichst viele unterschiedliche Charaktere, mit entsprechend verschiedenen Lebenswegen und Hintergründen gemischt werden. Durch diese Vielfältigkeit unter den Teilnehmern entstehen immer wieder interessante Gespräche und Diskussionen.

Was ist das besondere am Studienkurs?

Interessant am Studienkurs ist insbesondere der Aufbau des eigenen Netzwerkes: Neben den anderen Teilnehmern des Studienkurses, die man im Laufe des Kurses intensiv kennenlernt, ergibt sich im Rahmen des Kurses auch die Möglichkeit, viele andere interessante Menschen zu treffen: Hochrangige Führungspersonen des Berufsstandes, aus Politik und Unternehmen. Wir hatten z.B. die Gelegenheit Werner Hilse, den Vorsitzenden des Landvolkes Niedersachsen, kennen zu lernen. Dieser hat sich viel Zeit genommen, um mit uns zu sprechen und unsere Fragen zu beantworten.

Wie ist der Kurs organisiert?

Der Kurs findet jedes Jahr über die Wintermonate in fünf einwöchigen Kursblöcken statt, jeweils ein Block pro Monat. Dadurch ist es auch möglich, am Kurs teilzunehmen, wenn man bereits Betriebsleiter ist oder anderweitig Verantwortung trägt. Der Studienkurs wird organisiert von den Junglandwirten Niedersachsen, Ansprechpartner sind Christine Kolle und Berndt Tietjen.

Interesse? Weitere Infos gibt es auf der Website www.junglandwirte-niedersachsen.de unter dem Punkt „Studienkurs“.

Am Studienkurs nehmen junge Menschen teil, die im Wesentlichen ihre berufliche Zukunft in der Landwirtschaft sehen. Unsere Truppe ist bunt gemischt, von Ackerbauern, Schweine- Rinder- und Hähnchenhaltern, über Teilnehmer ohne eigenen Betrieb, Bio- und konventionellen Produzenten ist alles vertreten. Viele von uns haben bereits Verantwortung auf einem Betrieb übernommen. Daher sind wir auch direkt von der Diskussion um die deutsche Landwirtschaft betroffen.

Besonders kritische Äußerungen gegenüber der modernen Landwirtschaft kommen Jahr für Jahr von der Demo „Wir haben es satt“(WHES), die während der Grünen Woche stattfindet. Diese Demo beansprucht für sich, dass sie die bäuerliche Landwirtschaft im Kampf gegen die industrielle Landwirtschaft vertritt. Keiner von uns empfindet sich als „Industrielandwirt“, und trotzdem unterstützen wir die Gegendemo „Wir machen euch satt“.

Das liegt daran, dass die Forderungen von WHES viel zu weit gehen. Sie bedrohen eine zukunftsorientierte Landwirtschaft und verlangen eine rückwärtsgewandte Art der Wirtschaft, die im Allgemeinen romantisch verklärt ist. Doch wir wollen nicht wieder arbeiten wie vor hundert Jahren. Wir wollen am technischen Fortschritt teilhaben, um unsere Landwirtschaft noch nachhaltiger zu gestalten. Wir wollen keine 90-Stunden Arbeitswochen, sondern auch mal am Wochenende frei haben. Wir wollen unsere Tierhaltung verbessern, aber nicht auf Grundlage von schönen Bildern, sondern anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse. Wir wollen auch weiterhin die Freiheit haben, unternehmerische Entscheidungen zu treffen.
Und, Ja, auch wir wollen mit unserer Arbeit Geld verdienen, was jedoch bei den zunehmenden Auflagen fast nicht mehr möglich ist.

Mit unserer Teilnahme an der Demo „Wir machen euch satt“ treten wir für diese Punkte ein. Und wir wollen zeigen, dass die WHES-Demo keinesfalls die Mehrheit der Landwirte vertritt. Wir wehren uns nicht gegen die Weiterentwicklung der Landwirtschaft, aber bitte auf einer soliden Grundlage. Wir sind zum Dialog mit unseren Kritikern bereit, um praktikable Lösungen für die Zukunft zu finden – sind unsere Kritiker das auch?

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  1. Um den Dialog mit den Kritikern zu führen, wäre es sicher sehr gut, mal Vertreter der als kritisch empfundenen Verbände in den Studienkurs einzuladen und dort das direkte Gespräch zu suchen. Häufig stellt man im Kontakt von Mensch zu Mensch fest, dass lange gepflegte Feindbilder gar nicht immer zutreffen. Auch ein Besuch der Wir haben es satt-Demo kann dazu beitragen, in den Dialog mit Menschen einzutreten, die eine andere Sichtweise auf Landwirtschaft haben. Bei der Wir machen euch satt-Demo waren eher weniger außerlandwirtschaftliche Gesprächspartner, die Bauern waren ziemlich unter sich.

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