Mein Bauernverband

Überlegungen zum Deutschen Bauernverband (DBV) zum Bauerntag 2019

Ich bin unterwegs zum deutschen Bauerntag nach Leipzig, oder genauer gesagt Schkeuditz, das ganz in der Nähe zu Leipzig liegt.

Ich bin dort nicht, weil ich Delegierter bin. Nein ich bin nur Gast und habe vor, Kontakte zu knüpfen & zu pflegen und den ein oder anderen Impuls für mich mit nach Hause zu nehmen. Und selbstverständlich sehe ich mich auch als Botschafter für die Öffentlichkeitsarbeit im Netz und dem kommenden Agrarbloggercamp (ABC), das im März 2020 in Bonn stattfinden wird.

Landvolkmitglied und damit auch Mitglied des DBV

Der Bauernverband- da bin ich selber auch Mitglied. Genauer gesagt bin ich Mitglied eines Kreisvereins des Landvolks in Niedersachsen, der wiederum sich unter dem Dach des deutschen Bauernverbandes steht.

Bauernverband steht in der Kritik

Der Bauernverband wird in den letzten Jahren heftig attackiert und kritisiert von vielen NGOs und den Grünen, die eine sogenannte Agrarwende befürworten. Aber auch unter den Mitgliedern wird der Bauernverband häufig nicht gerade heiß geliebt. Ich höre immer wieder den Satz „Die tun doch nichts für uns!“ oder „Da muss der Bauernverband doch mal klare Kante zeigen!

Schwierige Ausgangslage des DBV

Der Bauernverband hat es nicht leicht:
Zum einen werden riesige Forderungen, teils ideologisch motiviert, von Außen an den Berufsstand und somit dem Bauernverband, der aktuell bundesweit die mit Abstand größte Vereinigung von Landwirten bzw. Bauern ist, herangetragen. Immer häufiger werden auch Anti-DBV-Kampagnen gefahren. Ich habe den Eindruck, dass der DBV regelrecht verteufelt wird, weil der Verband die zahlreichen Forderungen, die von Außen herangetragen werden, abblockt und zurückweist.

Auf der anderen Seite möchte der Bauernverband die Interessen seiner Mitglieder vertreten- aller Mitglieder.

Vielfältige Agrarstruktur, vielfältige Interessen

Dabei sind die vielen Interessen schwierig unter einem Hut zu bringen. Es gibt unterschiedliche Interessenlagen zwischen Schweinehaltern, Milchviehbetrieben, Biogasbauern, reinen Ackerbauern. Hinzu kommen die riesigen regionale Unterschiede.

Milchviehhalter aus Ostfriesland haben andere Herausforderungen als die der Milchbauern aus dem Allgäu.
Es gibt kleinere Betriebe, Großbetriebe, Nebenerwerbslandwirte und sogar ehemalige Landwirte sind noch im Bauernverband organisiert, die ihre Flächen gut verpachtet haben wollen.
Es gibt Direktvermarkter und Zulieferer für den Discount-LEH, Bio und herkömmlich wirtschaftende Betriebe. Und das alles nicht in einer scharfen Abgrenzung, sondern in den unterschiedlichen Schattierungen und Mischungen.

Kurzum: die Landwirtschaft in Deutschland ist unheimlich vielfältig. Betriebe stehen auch in Konkurrenz zueinander- nicht nur auf den regioinalen Pachtmärkten, sondern auch dann, wenn es um Marktanteile von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Erzeugerregionen geht.

Deshalb ist es schwierig für den großen DBV, einfache, konkrete Positionen für einen Sektor zu formulieren und nach außen zu vertreten. Ergebnis dieser Unschärfe ist die Existenz von eigenständigen Sektorverbänden wie ISN (Interessensgemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands), Gefügelwirtschaftsverband, BDMs (Milchviehhalterbund) und dem Fachverband Biogas. Diese kleineren, spezialisierten Verbände schaffen es besser, klare Forderungen und Positionen zu finden. Aber leider sind die Verbände eben auch klein und so für die Politik nicht so bedeutend wie die Stimme des großen DBVs. Aus diesen Grund gibt es eine mehr oder weniger gute Zusammenarbeit der Spezialverbände mit dem DBV, der alle Betriebe vertreten möchte. Weniger gut ist dabei die Zusammenarbeit des Bauernverbandes mit dem BDM, die sich sehr häufig in Opposition zum DBV befinden. Die hoch-emotionale Auseinandersetzung während des Milchstreiks im Jahr 2008 hat viele Wunden aufgerissen, die auch heute noch nicht verheilt sind und einer pragmatischen Zusammenarbeit im Wege stehen.

DBV steht sich selber im Weg

Ich habe aber auch den Eindruck, dass der DBV sich selber, teils strukturell, im Wege steht. Da sind zum einen die starken Landesverbände mit ihren starken Persönlichkeiten, die sich bei Statements und offiziellen Positionen nicht übergangen fühlen wollen. Und daraus teils resultierend dauert es auch in meinen Augen zu lange, bis Statements zu tagespolitischen Diskussionen im Netz und den sozialen Netzwerken zu finden sind.

Der DBV ist (zu) träge

Der DBV schafft es zur Zeit viel zu selten, schlagfertig und schnell im Internet zu reagieren. Selber zu agieren, die tagespolitische Diskussion zu lenken, davon ist der Bauernverband ganz weit entfernt.

„Wandel braucht Verlässlichkeit“

“Wandel braucht Verlässlichkeit” – das ist das Motto des diesjährigen Bauerntages.
Wandel, Veränderung, Wende- es gibt unzählige Forderungen aus der Gesellschaft und von NGOs an die Bauern in Deutschland und somit dem Bauernverband. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Landwirtschaft immer einem Änderungsprozess unterworfen war. Anpassung an neue Begebenheiten bedeuten eigentlich immer, dass das nicht alle Betriebe mitgehen wollen oder können.

Wandel bedeutet Strukturwandel

Strukturwandel ist die Folge oder deutlicher gesagt das Höfesterben. Von daher ist es verständlich, wenn der DBV gerne auf der Bremse steht und für lange Übergangszeiten und sozio-ökonomische Folgenabschätzung wirbt.

„Wir sind der Bauernverband – unternehmerisch im Denken, bäuerlich im Herzen, unserem Eigentum verpflichtet und verwurzelt in der Region. Wir arbeiten für die Zukunft – sind Anwalt und Sprachrohr für eine moderne, unternehmerische und nachhaltige Land- und Forstwirtschaft. Wir führen zusammen – bündeln die Vielfalt der Anliegen zu einer Einheit. Wir stehen zur Nachhaltigkeit – verbinden Freiheit mit Verantwortung in Markt, Umwelt und Gesellschaft.“
Leitbild des DBV von 2011

Dabei ist der Bauernverband äußerst pragmatisch und ehrlich: Er weiß, dass ein gewisser Strukturwandel durch den technischen Fortschritt nicht zu vermeiden ist und für viele Betriebe erst den Weg in eine aussichtsreiche Zukunft frei macht.

Auch hier wird deutlich, dass der DBV keine extreme Position bezieht und diese gegen aller Realität vertritt. Das ist nicht unbedingt populär, aber einfach realistisch.

Wir brauchen den Bauernverband!

Auch wenn es schwierig ist, die Interessen aller Landwirte oder sogar Landbewohner unter einem Hut zu bringen: Wir brauchen einen starken Bauernverband, der den öffentlichen Diskurs nicht scheut und seine Mitglieder mitnehmen kann. Die innerverbandliche Kommunikation müsste da noch deutlich verbessert werden (aber das ist ein Thema für sich.)

Die Bauern stellen eine schrumpfende Minderheit in der Gesellschaft dar. Wenn der Berufsstand sich weiter spalten lässt, ist die politische Bedeutungslosigkeit der deutschen Bauern nahe.

Der Bauernverband führt zusammen

Es gibt, wie bereits beschrieben die unterschiedlichen Interessen und Forderungen an die Landwirte und von den Landwirten. Der Bauernverband ist dabei der einzige Verband, der aufgrund seiner Mitgliederstärke und Diversität diese Aufgabe umsetzen kann. Er muss diese Anliegen zu einer Einheit zusammenführen, wie es auch im Leitblid von 2011 beschrieben ist.

Wagenburg und Querdenker

Der Bauerntag beginnt und es ist schön, dass man viele Kollegen aus dem ganzen Bundesgebiet wiedersehen kann. Es ist ganz schnell ein Gemeinschaftsgefühl zu spüren, das wirklich gut tut.
Ich hoffe, dass hier auf dem Bauerntag keine Wagenburg errichtet wird, in der man sich nach Außen hin abschottet und sich mit keinerlei Kritik ernsthaft befasst. Der große Verband sollte auch Querdenkern Raum geben.

Großer Verband, einheitlich Meinung?

In einem so großen Verband sind wie oben angesprochen ganz viele verschiedene Strömungen vereint. Abweichende Positionen und Einstellungen sollten ernsthaft diskutiert werden.
Umgekehrt sollte Verständnis dafür da sein, dass nicht jede einzelne Meinung auch zur Position des DBV werden kann.

Ich werbe dafür, sich im Bauernverband zu engagieren und demokratisch den Verband von innen heraus so zu gestalten, wie man das für richtig hält.

P.S.: Warum wir wieder mehr Vertrauen brauchen und warum der DBV der beste Verband für die Kleinbauern ist, das möchte ich in den kommenden Blogposts beleuchten.


Links und Verweise:

Programm des Bauerntages in Leipzig/Schkeuditz
Infos zum kommenden Agrarbloggercamp 2020 findet ihr hier
Das Leitbild des DBV von 2011

6 comments Add yours
  1. Seit über einem Monat warte ich gespannt auf die weiteren Artikel zur Vorzüglichkeit des Bauernverbandes. Fällt selbst dir zu dem Thema nichts ein, Bernhard ? 😉

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