Volksverdummung

Volksverdummung à la „Waldsterben“: Nitrate im Wasser

Geor Keckl | (c) animal-health-online.de
Geor Keckl | (c) animal-health-online.de

Die Neue Osnabrücker Zeitung (NOZ) meldete im September 2015: „Hohe Nitratwerte in Niedersachsens Grundwasser1. Dazu wurde ein Bild der Rheinland-Pfälzischen Umweltministerin Ulrike Höfken gezeigt, wie sie im Mainzer Landtag eine rot und grün eingefärbte Deutschlandkarte ins Plenum zeigte, auf der angeblich die „Grundwasserbelastung durch Nitrat grafisch darstellt“ sei (NOZ). Niedersachsen ist auf der Karte vorwiegend in alarmierendem Rot. Weiter sind zu dem Artikel im Internet Bilder mit einem völlig veralteten Gülle-Schleuderfass zu sehen und doch auch eine Karte, die einzelne Echt-Messwerte für Niedersachsen zeigt, wo es nun für den Raum Osnabrück, im Unterschied zur rot-grün gefärbten Karte der Ministerin, gar nicht so schlecht aussieht. In der gesamten Viehhaltungsregion der ehemaligen Fürstbistümer Münster und Osnabrück sorgt diese missverständliche rot-grüne Karte immer wieder für Besorgnisse der Bürger über ihr Trinkwasser. Regelmäßig lösen sich in der NOZ u.a. Artikel über den angeblich schlechten Zustand des Grundwassers mit scheinbar wirkungslosen Artikeln über die gute Qualität des in der Region gewonnenen Trinkwassers ab2.

Im März erschien in der NOZ ein Artikel mit der Überschrift: „Grüne: Missverständnis – Keine Gefahr für Trinkwasser in Hilter durch Nitrat“3. Ausgerechnet auf einer Infoveranstaltung der Grünen, die kräftig die „Grundwassersterbens“-Welle anschieben, wurde nun den verdutzten Besuchern erläutert, dass ihr Trinkwasser seit Jahrzehnten konstant niedrige Nitratwerte aufweist. Die Messstelle des Landes Niedersachsen, die zu hohe Werte aufweist, stehe in der Münsterstraße4 am Ortsrand von Hilter (lockere Siedlungen, Friedhöfe und Industriegebiet) und habe mit dem Trinkwasser des Ortes nichts zu tun.

In den katholischen Fürstbistümern zwischen Niedersachsen und NRW ist eine intensive Viehhaltung auf kleinen Höfen gewachsen. Das hier traditionelle römische Erbrecht (südlich des Limes und in römisch-katholischen Fürstbistümern) sah lange die Erbteilung vor und bei der Abschaffung der Leibeigenschaft samt „Verkoppelung“ der Felder im 19. Jahrhundert wurde viele Höfe aus den Dörfern in ihre Flur verlegt. Günstige Bedingungen, unter denen sich viele kleine Betriebe über eine intensive Viehhaltung für die nahe „Boomregion“ Ruhrgebiet bis heute erhielten. Im Gegensatz zur veröffentlichten Meinung ist Viehhaltung immer noch eine Domäne der flächenknappen kleinen Vollerwerbsbetriebe. Groß- und Nebenerwerbsbetriebe wurden ab den 60er Jahren meist viehlos. Historisch sind viele Kleinbetriebe von den großen Herrschaftshöfen aus den Gebieten mit guten Böden auf die schwächeren Standorte verdrängt oder dort aufgesiedelt worden. So kam viel Viehhaltung auf leichte, sommertrockene Böden. Die Böden mit „luftigem“ Untergrund haben die Eigenschaft, dass sie wenig Wasser speichern und/oder bei viel Regen die in der Bodenlösung vorhandenen Nitrate biologisch unabgebaut nach Unten abgeben. Das trifft besonders auf Äcker zu, die lange ohne Bewuchs sind, welcher die Nährstoffe halten könnte. Wo diese „inkontinenten“ Böden sind, ist auch viel Nitrat im Grundwasser, ganz unabhängig vom Vieh. Das gibt es auch unter Siedlungen (meist undichtes Kanalnetz) oder Wäldern5.

Eine nicht-nachhaltige Waldnutzung, z.B. massenweise verfaulendes, bestes Buchenholz im Stadtpark von Hannover, erhöht die Nitratgehalte im Boden der Umgebung und führt dazu, dass die Anwohner Brennholz aus Russland in ihren Kaminen verbrennen. Die Stickoxide aus Auspuffabgasen summieren sich ebenfalls. Der öffentlichen Meinung wird nun eingeredet, alles Nitrat komme von einer „Überdüngung“ – würde nur so viel gedüngt, wie die Pflanzen brauchen, gäbe es kein Nitrat im Grundwasser. Das ist wie mit dem Salz im kochenden Nudelwasser. Man kann nicht so wenig Salz ins Wasser geben, wie die Nudeln brauchen, es wird immer Salz mit dem Nudelwasser weggeschüttet. Nitrat ist ein Salz wie Kochsalz. Wenn es so stark regnet, dass Wasser „durchläuft“ (meist im norddeutschen Winter), nimmt es das Salz mit. Nitrate sind ein natürlich im Boden vorkommender und auch natürlich immer verlagerter Stoff. Wie die „Nitratbilanz“ aussieht, ist mit dem Wetter jedes Jahr anders. Nitrat wird bakteriell abgebaut, von Pflanzen aufgenommen, in den Humus ein- und ausgelagert, ebenfalls mit der Humusmenge im Boden angereichert oder abgetrennt, mit dem Wasser in die Tiefe verlagert. Nitrat ist kein Gift, es ist ein Grundbaustein des Lebens, wie Kochsalz auch, nur dass Kochsalz „bakterienstabil“ ist. Die Menschen nehmen Nitrat vorwiegend mit dem Gemüse auf, und das schon zu Zeiten, wo die Menschen noch mehr Leitungswasser tranken als heute. Selbst die etwas problematischen Nitrite werden vom Menschen selbst in der Mundhöhle gebildet, ein Keimschutz für Zähne und Magen6. Das ist alles eine Frage der Dosis. Hier werden nach bewährter Taktik die nach technischen Möglichkeiten festgesetzten, technischen Ziel-Grenzwerte von Scharlatanen zu Gesundheitsgrenzwerten verfälscht.

Der Konflikt in Osnabrück ist typisch für gegenwärtige Lage beim Streit um das Grundwasser: Das Grundwasser stirbt angeblich, ist fast überall verseucht, nur hapert es an Überall-Zahlenreihen. Das erinnert stark an das „Waldsterben“, als Fotografen verzweifelt nach toten Bäumen im nirgends sterbenden Wald suchten. Wie alle „Waldschadensberichte“ seit 1983 und historische Forstberichte zeigen, ist der Wald heute so gesund oder so krank wie früher und zu allen Zeiten7. Die öffentliche Meinung hatte nur die Vorstellung, früher wären keine Bäume „gestorben“, hätte es keine kranken und abgestorbenen Bäume im Wald gegeben. Mit dem Missverständnis wurde Politik und Karrieren gemacht. Es ist erstaunlich, wie leicht die Medien immer wieder auf Katastrophenmeldungen und Kampagnen hereinfallen. Und es ist erstaunlich, wie weit die Umweltaktivisten für ihre guten Ziele bereit sind, das Volk zu verarschen, eben wie bei den Waldsterbensprognosen, die nie eintrafen. Will man heute sterbende Wälder sehen, muss man in die Nationalparke gehen, da sterben kilometerweise Wälder „natürlich“ ab und reichern das Grundwasser mit Nitraten aus faulendem Holz an.

Die großen „roten“ Gebiete auf der Karte der Ministerin Höfken kommen von wenigen Messstellen mit hohen Nitratwerten, die aus Vorsorgegründen ein ganzes Flusseinzugsgebiet als „gefährdet“ klassifizieren8. Dass hier das ganze Grundwasser „schlecht“ sei, ist eine politische Lüge. Auch in der NOZ fanden sich die weiteren politischen Verdummungen zu dem Thema:

Zwar werde der Grenzwert für Nitrat in der Mehrzahl der überwachten Bäche und Flüsse nicht überschritten. Doch während 2010 nur in 82 Fällen Werte über 50 Milligramm pro Liter gemessen wurden, waren es in diesem Jahr bereits 190. Der grüne Bundestagsabgeordnete Peter Meiwald sagte der „Frankfurter Rundschau“: „Dass nur zehn Prozent der fließenden Gewässer in Deutschland richtig sauber sind, ist eine Klatsche für die Umweltpolitik der Bundesregierung.

Die Zahl der „Grenzwertüberschreitungen“ ist deshalb gestiegen, weil 2010 insgesamt 5666 Bäche und Flüsse gemessen wurden und 2015 waren es 63059. Nun hat Deutschland keine Eroberungen gemacht, sondern problematische Flussabschnitte stärker unterteilt. Das nur 10% der Gewässer in Deutschland richtig sauber sein sollen, ist die dreisteste Lüge, die immer wiederholt wird, denn die 90% ergeben sich hauptsächlich aus der Verbauung der Flüsse, ihrem „unnatürlichen Zustand“ und nicht aus der Chemie der Gewässer10. Es gibt einen Fluss, der viele deutsche Quellen, Bäche und Flüsse einsammelt, der Rhein, und da sinken, wie bei fast allen deutschen Gewässern seit den 80er Jahren, die Stickstoffwerte (Nitrat-N und Ammonium-N hängen zusammen):

Bimmen-Lobith-Rhein_nitratQuelle: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/419/bilder/dateien/nitrat_rhein.pdf

———————————————————————————————————————————–p-nh-nitrat_2010Quelle: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/419/bilder/naehrstoffe_trend.png

Die Belastung der Gewässer mit Nitrat nimmt im Schnitt eindeutig ab.

Auch die oft gehörte Aussage, in Deutschland wäre das Grundwasser so belastet wie in der EU sonst nur in Malta, ist dreist gelogen für den guten Zweck.

Dazu gibt es die berühmte „Malta-Grafik“, in der ich mal eingezeichnet habe, wo Deutschland stünde, wenn hier wie in anderen EU-Ländern gemessen würde (im „EUA-Messnetz“ statt im deutschen Sonderding „Belastungsmessnetz“11):

Nitrat_d_regularOriginal steht hier: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2013:0683:FIN:DE:PDF

Nun kommt von Wasser-Fachleuten die Forderung auf, die Werte der EU-Staaten vergleichbar zu machen12, was eine der Verursacherinnen dieses Schwindel-Rankings, Frau Höhn, dazu verlasst hat, dreist zu behaupten, nun würde „nur an wenig belasteten Stellen gemessen“13.

Das würde ja heißen, es würde genauso verlogen weitergemacht wie bisher, nur andersrum.

Deutschland hat das Geld, sogar ein echtes, repräsentatives Netz aufzubauen. Dazu wird es wohl nicht kommen, jede Verbesserung der Nitrat-Stellung Deutschlands würde von den Grünen als Schummelei dargestellt. Eine einfache Lüge hat es immer leichter als eine komplizierte Wahrheit. Wer etwas landwirtschaftlichen Verstand hat, wird doch wohl nicht glauben, dass wir bei Nitrat schlechter als die NL sind. Zu der Grafik habe ich dem EU- Generaldirektor der Generaldirektion Umwelt, Herr Karl Falkenberg, öffentlich geschrieben:

Diese Irreführung der EU- Öffentlichkeit durch die EU ist nicht entschuldbar, man muss der Bedeutung des Fehlers und seiner öffentlichen Aufmerksamkeit entsprechend sagen, dass diese Auswertungen von faulen statistischen Vollidioten erstellt worden sind, die nie an solche Auswertungen gedurft hätten.14

Nun hat die EU auf dieser Grundlage Deutschland wegen Nichteinhaltung der Nitrat-Richtlinie verklagt. Ein Sieg für die, die Deutschland mit allen Tricks schlecht machen wollen, was hoffentlich bei den Verhandlungen eine Rolle spielen und auf die eifernden Datenfälscher zurückfallen wird.


 

1 Vgl.: http://www.noz.de/deutschland-welt/niedersachsen/artikel/613254/hohe-nitratwerte-in-niedersachsens-grundwasser#gallery&0&1&613254
2 Vgl.: http://www.noz.de/lokales/osnabrueck/artikel/596137/wie-viel-nitrat-ist-im-wasser-in-osnabruck-und-im-landkreis
3 Vgl.: http://www.noz.de/lokales/hilter/artikel/691997/keine-gefahr-fur-trinkwasser-in-hilter-durch-nitrat
4 Vgl.:https://www.google.de/maps/place/M%C3%BCnsterstra%C3%9Fe,+Hilter+am+Teutoburger+Wald/@52.1351122,8.1255246,1165m/data=!3m1!1e3!4m2!3m1!1s0x47b9f24ef617a535:0x2bcad70cdf8fa4d2
5 Vgl.: :  Seite 30 bis 33 in   http://www.lwf.bayern.de/mam/cms04/service/dateien/a34_stickstoff_in_bayerns_waelder.pdf und  http://www.lwf.bayern.de/boden-klima/bodeninventur/012071/index.php
6 Vgl.: https://www.landwirtschaft-bw.info/pb/MLR.Ernaehrung,Lde/Startseite/Empfehlungen/Nitrat+im+Gemuese+_+Wirklich+so+bedenklich_/?LISTPAGE=1063164 und http://www.eufic.org/article/de/artid/Unser-Speichel-oder-Spucke-nicht-nur-zum-Spucken/
7 Vgl.: http://www.keckl.de/texte/Mail%20November%20Waldsterben.pdf und http://www.agrarheute.com/dlz/news/ausbleibende-katastrophen
8 Vgl.: http://www.keckl.de/texte/Verwirrung%20Grundwassser%20und%20Nitrat.pdf
9 Vgl.: Seite 8 in http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/058/1805856.pdf
10 Vgl.: http://www.keckl.de/texte/Umweltbundesamt%20manipuliert%20ZDF%20beim%20Nitrat.pdf
11 Vgl.: Grafik 2 in https://www.umweltbundesamt.de/daten/gewaesserbelastung/grundwasserbeschaffenheit
12 Vgl: siehe Folien 4 bis 13 in http://www.hlnug.de/fileadmin/dokumente/wasser/hydrogeologie/Fortbildungs-_und_Vortragsveranstaltungen/Grundwassertag2014/Messnetz_Nitratrichtlinie_Neumann.pdf
13 Vgl.: http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/deutschland-will-bei-der-nitratbelastung-tricksen-a-1049215.html
14 Vgl.: http://www.keckl.de/texte/Leserbrief%20ZEIT%20Nitrat.pdf
4 comments Add yours
  1. … und was das Beste ist: im Nitrat Bericht 2012 der Bundesregierung heisst es wortwörtlich auf Seite 27, dass das Belastungsmessnetz “nicht repräsentativ für eine Beschreibung der allgemeinen Nitratsituation im oberflächennahen Grundwasser” sei. Das ist dreist, dann trotzdem diese Zahlen nach Brüssel zu melden und daraus eine Dünge-VO abzuleiten, die v.A. die Landwirte trifft. Wo bleibt der Aufschrei? Warum werden Minister, die jetzt Steuergelder für Strafzahlungen verpulvern, nicht zur Rechenschaft gezogen?http://www.bmub.bund.de/fileadmin/bmu-import/files/pdfs/allgemein/application/pdf/nitratbericht_2012_bf.pdf

    1. Wegen diesen gezielten Versäumnissen sollten wir mal auf die Strasse gehen! Das ist für mich ein Skandal und dass hier kaum ein kritisches Wort in den mieden erscheint, ist eigentlich auch ein Skandal.
      Hier wird systematisch weggeschaut und die Landwirtschaft skandalisiert!

      1. Bernhard, es erscheint kein kritisches Wort in den Medien, weil jeder Journalist glaubt, für die “Gute Sache” sei Datenmanipulation gerechtfertigt. Dass hier ein kriminelles Netzwerk gezielt Datenmanipulation betrieben hat, und die EU in voller Kenntnis dieses Spiel zu Ende spielt, ist nur ein Beweis, wieviel organisiert kriminelle Energie dahinter steckt.
        Wenn für die Novellierung der DÜV keinerlei wissenschaftliche Begründung zu finden ist, gehts eben nur mit ideologisch geprägten, verbrecherischen Methoden.
        Für Mensch, Tier und Umwelt haben diese Leute nicht das Schwarze unter den Fingernägeln übrig.
        Selbst wenn wir auf die Straße gehen würden, würde man uns nur mit Unverständnis begegnen, und die gefälschten Argumente an den Kopf werfen.
        Um mit der Situation umzugehen, und die Methodik der Betrüger zu verstehen, muss man weit zurück ins vorige Jahrhundert gehen. Dann lernt man auch diese Leute zu verstehen, und vielleicht auch irgendwann einmal, wo sie ihre Schwachpunkte haben. Aber ohne die Hilfe der Medien sind wir machtlos. Selbst in der Agrarpresse wird dieser Vorfall nur unzureichend thematisiert. Man scheint sich mit den Betrügern nicht verscherzen zu wollen – was im Umkehrschluss bedeutet, dass man mit einer Erstarkung der Umweltmafia rechnet.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert