Trotz Misstrauen: Öffnet die Höfe!

“Landwirte sollen bzw. müssen ihre Höfe und Ställe für Besucher und Medienvertreter öffnen!”

Das ist auch ganz klar meine Meinung. Aber leider kann ich auch meine Berufskollegen voll verstehen, wenn sie Ängste haben, Filmaufnahmen auf ihrem Hof und in ihren Ställen zu ermöglichen!

Das Misstrauen, nicht richtig dargestellt zu werden, ist riesig und hinzu kommt, dass die Bauernfamilien üblicherweise völlig ungeübt sind im Umgang mit den Medien und speziell mit Fernsehteams.

Und dann ist es überhaupt nicht hilfreich, wenn ein Bauer, wie aktuell bei Tim Mälzers Rindfleischreportage geschehen, offensichtlich unfair von einem Fernsehsender behandelt wird und getäuscht wird.

logo_top_agrar_online_pngBullenmäster Clemens Kleinbielen wird bei top agrar folgendermaßen zitiert:

„Hätten wir die Aufzeichnung vorab einsehen dürfen, wie es mit dem Team der ARD besprochen wurde, hätten wir der Ausstrahlung so nicht zugestimmt. Leider waren wir so naiv und haben den Verantwortlichen vertraut“

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Snapshot aus der ARD Mediathek

Und was sagt der Fernsehkoch Tim Mälzer denn eigentlich in dem Fernsehbeitrag? Zitat:

“Wenn das ein Vorzeigebetrieb ist, will ich mir gar nicht vorstellen, wie es bei anderen Mästern zugeht”

Eine typische Reaktion seitens der Medienvertreter. Solche oder ähnliche Begebenheiten höre ich nicht zum ersten Mal! Dass Misstrauen ist offensichtlich riesig- und das Gegenseitig.

Mit dieser Begebenheit wird die Situation aber leider nicht besser, denn die Zahl der Landwirte, die den Mut finden, Medienvertreter in ihre Ställe zu lassen wird nicht größer. Fernsehproduzenten werden noch länger brauchen, um eine Drehgenehmigung zu erhalten, was wiederum das Misstrauen steigert. Das ist so ein Teufelskreis, aus dem es schwer ist, herauszubrechen.

Mein Wunsch: Jeder lässt sich in die Ställe gucken! Dann hätten wir lauter Vorzeigebetriebe und auch vielleicht bei den kritischten Medienvertretern etwas Vertrauen gewonnen!

Aber das wird bis auf weiteres ein Traum bleiben, denn vielen geht es eigentlich wohl nur um die knallige Story, die auch Auflage bzw. Quote bringt. Und diese Art von Journalismus sorgt eben auch dafür, dass sich das Misstrauen gegenüber “die Medien” seitens der Bauernschaft nicht abbaut.

Und eines möchte ich noch klar stellen:
Ich habe es nicht gern, wenn über DIE Bauern oder DIE Tierhalter geredet wird. Ich fordere ein, dass differenziert wird und auch miteinander geredet wird.
Also bitte ich auch alle, nicht von “DIE Medien” zu reden! Es gibt ganz viele sorgsame und seriöse Journalisten, die fair mit ihrem Gegenüber umgehen. Das müssen wir uns bitte immer wieder bewusst machen!

logo_stallbesuch_180Aber zum Schluss möchte ich aber noch Hoffnung verbreiten: Denn auf Stallbesuch.de sind bereits viele Höfe und Ställe online zu besichtigen, die der vertrauenerweckende Thomas Wengenroth gefilmt hat!
Gut, dass es dieses Projekt gibt!

Und wo ich schon die Bullenmast und Stallbesuch.de thematisiert habe- es gibt da einen ganz tollen Film über eine Bullenmast, in dem der Mäster selber seine Bullenhaltung erklärt:

3 comments Add yours
  1. Natürlich sollte man seine Höfe öffnen und zeigen was man tut, leider kann man sich dabei auch ganz schnell die Finger verbrennen. Oftmals waren Landwirte, die ein Interview gegeben und Filmaufnahmen zugelassen haben nach dem netten Termin recht glücklich wie es gelaufen ist. Wenn Sie den fertigen Bericht im Fernsehen gesehen haben, dann waren sie schockiert. Zitate aus dem Zusammenhang gerissen, bedrohlich Musik usw. man kennt die dramaturgischen Mittel. Wenn man seinen Hof öffnet, dann sollte man Vorsicht walten lassen. Stehen plötzlich Reporter auf dem Hof und halten einem ungefragt ein Mikrophon ins Gesicht, sollte man am besten gar nichts sagen. Ich würde diese Herrschaften des Hofes verweisen und sie bitten schriftlich um einen Interview-Termin zu ersuchen und ihr Anliegen zu umreißen. Spontane Äußerungen können ganz fürchterlich nach hinten los gehen. Wenn man einem Interview auf dem Hof zustimmt, sollte man sich Fachleute dazu holen, die damit Erfahrung haben, möglicherweise sogar einen Juristen. Man sollt schriftlich fixieren, dass der Bericht nur nach einer schriftlichen Freigabe gesendet werden darf. Eine Zweitverwertung des Materials sollte auch von der individuellen Freigabe abhängig gemacht werden. Nie blind in ein solches Interview laufen. Beim Landvolk, bei der ISN oder anderen Verbänden gibt es Leute die helfen können. Man sollte sich vorher über den Reporter, die Sendung und den Sender informieren und im Zweifelsfall auf den Termin verzichten. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Es kann einen Landwirt sehr treffen, wenn seine Aussagen mit Bildern von anderen Höfen zusammengeschnitten werden und man ihn als den bösen Umweltvernichter hinstellt. Schlummer solche Bilder in den Archiven können sie jederzeit wieder in der Öffentlichkeit auftauchen. Mancher mag jetzt meinen ich wäre übervorsichtig, aber ich weiß wovon ich rede, ein Bekannter von mir hat es erlebt.

  2. Die werten Vertreter der Medien sollten sich mal fragen , was sie zum Aufbau von Vertrauen beisteuern können – und müssen. Wenn man so mit seinen “Quellen” umgeht, wie oben beschrieben, braucht man sich wundern, wenn alle Höfe für Journalisten geschlossen sind.
    Eine saubere journalistische Arbeit (Doku- oder Nachrichten-Formate) darf nicht mit subtilen Mitteln der Dramaturgie Fakten emotional bewerten oder gar dramaturgisch verfälschen. Leider erlebt man dies immer wieder, was für mich nur bedeutet: Gute Journalisten sind selten geworden, viele Pseudo-Journalisten und NGO-nahe Aktivisten haben inzwischen direkten Zugriff in die Medienhäuser und machen den (Hans-Joachim Friedrichs”-)Journalismus kaputt. “Distanz halten, sich nicht gemein machen mit einer Sache, auch nicht mit einer guten, nicht in öffentliche Betroffenheit versinken…”

  3. Ein differenziertes Vorgehen von Seiten der Medien ist grundsätzlich immer wünschenswert. Doch oft ist es leider so, dass die Auflage von mehr Interesse ist, als die Qualität der Recherche. Oft werden auch ganz bewusst wichtige Tatsachen vertuscht, um einen anderen Effekt zu erzielen. Auf dieser Art des Journalismus basiert dann letzten Endes auch das Misstrauen von denjenigen, die von Medien durch den Kakau gezogen werden.

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