Wer will heute noch Bauer werden? Ein Nachtrag!

Vor ein paar Tagen habe ich einen Artikel hier veröffentlicht, dass der Landwirtschaft der Nachwuchs ausgeht und aber auch nur wenige außerhalb der Landwirtschaft bereit sind, wieder in die Landwirtschaft einzusteigen. Auf Twitter hat sich hierbei eine rege Diskussion entfacht, die einerseits weiter Punkte hinzugefügt haben und andererseits mir wieder Punkte in Erinnerung gerufen haben, die ich vergessen habe!

Mirjam Lechner hat dazu einen umfangreichen Thread geschrieben, den ich hier uneingeschränkt empfehlen kann:

Was ich noch ergänzen will zum vorherigen Beitrag:

Ich wollte damit nicht vermitteln, dass man seinen Kindern abraten sollte, Landwirtschaft zu lernen. Es ist der beste Beruf, den ich mir vorstellen kann und er erfüllt mich jeden Tag mit viel Freude. Noch dazu glaube ich, was man auch an den Ausführungen im Twitter-Thread von Mirjam Lechner rauslesen kann, dass in 20 Jahren Landwirte ein knappes Gut sind und unser Wissen und unsere Fachkompetenz wieder stärker gefragt sind und, wenn auch anders wie heute, es vielfältige und auskömmliche Möglichkeiten gibt, LandwirtIn zu sein.

Weitermachen oder Verpachten?

Und Geld ist ja nicht alles, aber Geld macht vieles leichter. Darum mache ich eine kleine Rechnung auf. Wenn man bei uns mit ca. 25 Hektar Eigenfläche verpachtet, kriegt man dafür ca. 800 Euro. Beide Zahlen sind nicht übertrieben hoch und nicht übertrieben niedrig. Das sind 20000 Euro im Jahr. Wenn dann Mann und Frau zur Arbeit gehen, haben sie drei Einkommen. Damit müssen sie vielleicht ihren leer stehenden Hof in Schuss halten, aber der Rest geht ins Privatvermögen. Unsere HofnachfolgerInnen stehen also vor ihrer Ausbildung vor der Frage, ob man dieses Einkommen, dass dieses Beispielehepaar erwirtschaftet, auch als Landwirtsehepaar erreicht, oder nicht. Aktuell wird es denke ich schwierig, dass zu erreichen und das führt dazu, dass aus diesen wirtschaftlichen Gründen immer mehr Höfe auslaufen.

Mistgabel oder Laptop?

Ein weiterer Grund ist die Idee von (grünen) Politikern, dass wir allesamt auf Bio umstellen sollen. Im Bayerischen Artenschutzvolksbegehren gibt es die Zielmarke 30 % Bio. Nun hat aber anscheinend niemand den Berufsnachwuchs gefragt, wer sich hier alles bio vorstellen kann. Mein Eindruck mag ja täuschen, aber wenn ich mir den Whatsapp-Status oder die Instagram-Profile von den U30 so anschaue, bestehen die hauptsächlich aus Schlepperfotos und allen möglichen technischen Geräten. Fotos vom Ausmisten, Weide instandhalten, Ampferbekämpfung mit dem Ampferstecher oder sonstige Arbeiten mit der Hand, sieht man eher selten.

Weil in allen Berufen die Technik Einzug gehalten hat. Weil überall mit Computern und Automatisierungen gearbeitet wird. Nur der Bauer soll weiterhin mit der Mistgabel rum laufen? Kein Wunder, dass die Ausbildungszahlen so runter gehen. Junge Leute wollen einen modernen Arbeitsplatz, keinen aus dem 19. Jahrhundert. Nahe an seinen Tieren muss man deshalb weiterhin sein. Technik ersetzt nicht die persönliche Tierbeobachtung, aber unterstützt einem. Und erleichtert tägliche Routinearbeiten.

Wer macht die Arbeit?

Aber vielleicht finden sich ja genügend außerlandwirtschaftliche Mitmenschen, die ihre Arbeitszeit reduzieren, um halbtags in einer SoLaWi (Solidarische Landwirtschaft) mitzuarbeiten und wenn das ein paar Millionen Deutsche machen, gibt es vielleicht auch in 20 und 50 Jahren noch genügend Nahrungsmittel, um Deutschland so einigermaßen zu versorgen.

2 comments Add yours
  1. Deinen Schlussfolgerungen stimme ich nahezu vollständig zu. Eines kommt noch dazu: Durch die von der Gesellschaft verordnete Unmöglichkeit, den technischen Fortschritt in umsatzbringende Investitionen umzumünzen, wird die Tierhaltung dramatisch zurückgehen – damit auch die Anzahl der Betriebe, die von Landwirtschaft und Viehzucht leben können.

    Es mag sein, dass die Wertschöpfung im Ackerbau zeitweise steigt, aber dies wird den wegfallenden Umsatzbringer “Tierhaltung” nicht auffangen können. Folge: die von der Gesellschaft angestrebten 30 % Biolandwirtschaft wird sich automatisch durch die Zurückschrumpfung der bisher zur hauptsächlichen Ernährungssicherung unserer Bevölkerung vorhandenen “normalen” Landwirtschaft ergeben.

    Wir werden künftig, ob wir wollen oder nicht, entweder große (aber aufgrund der hohen Fixkosten) nur begrenzt wettbewerbsfähige Ackerbaubetriebe, diversifizierte Betriebe mit direktem Umsatz beim Endkunden (höherer Anteil aber in absoluten Zahlen ähnlich wie heute) und wieder vermehrt Hobbylandwirtschaft zur Selbstverwirklichung haben. Die Zukunft der Landwirtschaft wird dort spielen, wo sie politisch gewollt ist. Bei uns bleiben Streichelzoo und die Befriedigung einer gutverdienenden elitären Minderheit durch “Öko- und Wohlfühllandwirtschaft” dazwischen ein paar Unentwegte, die sich wundern, warum sie auf keinen grünen Zweig kommen.

    Wenn keine Ställe mit höherer Erzeugung mehr gebaut werden können, gibt es außerhalb des Ackerbaus keine Wertschöpfung, denn die alten Ställe werden irgendwann aufgegeben. Im Ackerbau wäre aber nur noch Wachstum (ist notwendig, um vergleichbares Einkommen zu haben !)über Preis möglich, wenn die Intensität zurück gefahren werden muss und kein naturaler Mehrertrag möglich ist.

    Und damit ist klar: Eine Erhöhung der Wertschöpfung durch höhere Preise kann nicht stattfinden, solange in unseren globalen Märkten weltweit die Effizienz und die Produktion in großem Stil steigt. Und das Segment derer, die doppelte Preise für die gleiche notwendige Ernährung bezahlen, ist extrem überschaubar.

    Also: das Szenario ist vorgezeichnet, da helfen dann auch keine Transferleistungen aus Steuermitteln weiter, wofür auch. Die Versorgung der Gesellschaft ist doch gesichert aus der boomenden weltweiten Intensivlandwirtschaft. Warum soll man die Oberschicht mit besonderen Ökoansprüchen an ihre Ernährung auch noch dadurch fördern, dass man den Bauern Subventionen zahlt, die nur ein paar zahlungskräftigen Kunden zugute kommt ? Gute Nacht deutsche Landwirtschaft !

    1. So siehts aus. Erwähnt werden muss zusätzlich, dass die Tierhaltung aus ideologischen und pseudoethischen Gründen in Bälde beendet wird. Weltweit befinden sich startups am Start, die mit clean meat und Invitro- Fleisch einen gigantischen Markt erschliessen, der den klassischen Fleischmarkt künftig ersetzt. Dadurch wird die gesammte Wertschöpfung aus der Tierhaltung an diese neue Industrie fliesen. Die Diskussion Bio-Konventionell ist im Vergleich dazu geradezu lächerlich!

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