Grüne geistige Brandstiftung? Teil 2

Grüne geistige Brandstiftung – oder wenn die moralische Feuerwehr zum Feuerteufel wird. Eine Analyse.

Teil 2 – Massentierhaltung

Läuft die Internet-Kommunikation von Bündnis 90 / Die Grünen zur konventionellen Landwirtschaft auf geistige Brandstiftung hinaus? Seit mehreren Jahren verfolge ich intensiv bei Facebook, was bzw. wie die Partei kommuniziert, seit einiger Zeit auch bei Twitter. Mein Fazit: Es wird diffamiert, was das Zeug hält. – Fortsetzung –

Teil 1: Einleitung (5. März 2018)
Teil 2: Massentierhaltung (9. März 2018)

Für die Grünen ist klar: Massentierhaltung und Tierquälerei sind eins. Sie wollen aussteigen, eine Landwirtschaft ohne „Tierquälerei“ ist das Ziel. Am besten sei dies in Familienbetrieben der bäuerlichen Landwirtschaft zu bewerkstelligen, so die vorherrschende Auffassung. Ökologisch und extensiv soll es zugehen. Parallel dazu hat man den Kampf gegen die Agrarindustrie aufgenommen.

Bloß: Was ist Massentierhaltung? WAS genau wollen die Grünen abschaffen? Und was ist eine bäuerliche Landwirtschaft, was ein Familienbetrieb? So findet die Nutztierhaltung beispielsweise in den sehr viehintensiven Landkreisen Cloppenburg, Emsland und Vechta größtenteils in Familienbetrieben statt. Mit Definitionen halten sich die Grünen sich trotzdem nicht auf. Dies weiß ich aus eigener Erfahrung. Ich habe keine Ahnung, wie oft ich in den vergangenen Jahren bei Facebook oder Twitter darum nachgefragt habe. Eine Antwort habe ich nie erhalten. So wie mir ist es vielen ergangen.

Vermutlich wissen die Grünen selber gar nicht genau, was sie abschaffen wollen. Vielleicht ist es leichter, mit vagen, aber emotional aufgeladenen Begrifflichkeiten zu hantieren statt konkret zu werden und sich mit präzisen Aussagen den Diskussionen zu stellen. Verführt die Komfortzone zur Kampfrhetorik? Ich kann nur mutmaßen.

Der Knüller ist doch: Nutztiere werden auch heute noch überwiegend in Familienbetrieben gehalten. Und denen geht in vielerlei Hinsicht die Puste aus. Unter anderem aufgrund von (grünen) Verordnungen, die „agrarindustrielle“ Auswüchse bändigen sollen. Resultat: Viele Betriebe sind überfordert, da sie weder das Geld noch die Zeit für eine adäquate Umsetzung haben. Landwirtschaftliche Familienbetriebe haben nunmal keine “industrielle” Kapitaldecke. Was passiert? Bündnis 90 / Die Grünen wollen die bäuerliche Landwirtschaft erhalten – und gehen ihr gleichzeitig an den Kragen.

Der verbale Kreuzzug gegen die Massentierhaltung bzw. Agrarindustrie ist seit einigen Jahren in vollem Schwung. Auf der Webseite liest sich das unter anderem so:

"Quälerische Massentierhaltung"
Was ist Massentierhaltung? (https://www.gruene.de/themen/gutes-essen/gutes-essen.html, 12.10.2016)

Bloß: Was ist riesig, was ist engster Raum? Was ist zusammengepfercht?

Was ist Massentierhaltung?

Ist es das?

Verschieden Bilder von Rinderställen (Innenansicht)
Rinderhaltung (Bildnachweis: Webseite Tierhaltung modern und transparent e.V.))

Oder das?

Bilder Schweinehaltung
Schweinehaltung (Bildnachweis: Webseite Tierhaltung modern und transparent e.V.))

Oder ist das Massentierhaltung?

Photo aus Aktivstall
Aktivstall für Schweine (Bildnachweis: http://aktivstall-fuer-schweine.de/)
Photo Bodenhaltungsstall
Bodenhaltung von Legehennen (Bildnachweis: Big Dutchman)

Für manche fängt die Massentierhaltung bei einem Mobilstall an.

Außenansicht Mobilstall mit Hühnern
Mobilstall mit Freilandhaltung (Bildnachweis: Big Dutchman)

Wie ist das zu werten?

Stallbilder Mastgeflügel
Mastgeflügel (Bildnachweis: Webseite Tierhaltung modern und transparent e.V.))

Das folgende Bild wiederum, das die Thüringer Landtagsfraktion der Grünen auf ihrer Seite online gestellt hat, soll tierquälerische Massentierhaltung suggerieren. Ich habe es einem Landwirt und einer Tierärztin respektive Sauenhalterin gezeigt. Beide waren der Meinung: So sehen Schweine aus, wenn sie chillen.

Kuschelnde Schweine
„Böse“ Massentierhaltung? (Bildnachweis: Bündnis 90/Die Grünen Landtag Thüringen; https://www.gruene-thl.de/agrar-gentechnik/tierwohl-muss-endlich-sichergestellt-werden, 18.10.2017)

Denunziantentum?

Trotzdem eine Definition nicht existiert, haben die Grünen aus Mecklenburg-Vorpommern eine Landkarte online gestellt, auf der sämtliche Tierhaltungsanlagen des Landes erfasst sind. Dort kann eine interessierte Öffentlichkeit sogar gezielt nach Unternehmen suchen, in denen, um den allgemeinen grünen Duktus zu verwenden, „Tiere gequält“ werden. Viele Nutztierhalter fühlen sich diskriminiert, zum Teil ist gar die Rede von Denunziantentum.

Karte mit Tierhaltungsanlagen
Bildnachweis: http://www.massentierhaltung-mv.de (Stand 2016)

Landauf-landab ist man sich also bei den Grünen weitgehend einig: Massentierhaltung ist ein Synonym für Tierquälerei.

Schnabelkürzen: keine Grautöne

Dazu zählen auch kurative Eingriffe wie das Schnabelkürzen bei Geflügel. Diese werden durchgeführt mit der Absicht, schmerzhaftes Federpicken und Kannibalismus prophylaktisch zu unterbinden. Beide Verhaltensauffälligkeiten sind seit dem 19. Jahrhundert bekannt, treten unabhängig von der Bestandsgröße und Haltungsform auf. Man findet sie auch bei Wildvögeln.

Aber was ist Tierquälerei? Schnäbel behandeln oder spitz lassen? Empfiehlt sich ein Mittelweg gerade vor dem Hintergrund, dass Schnabelkürzungen in Deutschland mittlerweile ein unkomplizierter Eingriff sind? Der bestünde darin, der Wissenschaft Zeit zu geben herauszufinden, was genau die Ursachen für Federpicken und Kannibalismus sind, um davon ausgehend robuste Lösungen zu erarbeiten. M.E. wäre dies der beste Ansatz, da hier vom Tier her gedacht wird und menschliche Emotionen bzw. Befindlichkeiten außen vor bleiben.

Bei den Grünen ist man anderer Meinung. Verbal werden harte Geschütze aufgefahren: Küken werden die Schnäbel abgeschnitten, sie werden „verstümmelt“.

Konferenzankündigung
https://www.gruene-bundestag.de/no_cache/termin/100-prozent-faire-tierhaltung-wege-zu-einer-landwirtschaft-mit-zukunft.html, 18.06.2016).

Ein Mittelweg scheint nicht zur Option zu stehen, Expertenrat wird nicht beherzigt – obwohl das Thema sehr komplex ist, wie Prof. Dr. Wilhelm Windhorst an dieser Stelle am Beispiel der Putenhaltung erläutert. Die Bloggerin Schillipaeppa, unter anderem Putenhalterin, erläutert das Prozedere anschaulich für Putenküken. Wer es lesen mag, klickt hier weiter!

Schwanzbeißen – komplexe Angelegenheit, einfache Lösungen

Mit einem ähnlichen Problem sind die Schweinehalter konfrontiert: Der Ringelschwanz soll dran bleiben – unter allen Umständen. Angesichts der Verletzungsgefahren ist dies keine triviale Angelegenheit. Auch wenn die Grünen es gerne ignorieren: Schwanzbeißen ist kein Phänomen der Massentierhaltung, es tritt in allen Haltungsformen auf, auch bei Ökoschweinen.

Auch bei diesem Thema geht es verbal martialisch zu: Die Massentierhaltungslobby will an grausigen Praktiken festhalten, Hauptsache, der Profit stimmt.

Getätigt hat diese Aussage der 2017 abgewählte Landwirtschaftsminister Christian Meyer anlässlich einer Rede im niedersächsischen Landtag. Der Politiker hat es geschafft, in nur einem Satz mit der grünen Dreieinigkeit Massentierhaltungslobby – Grausamkeit – Profitgier gleich drei Klischees zu bedienen.

Rede Christian Meyer
Grüne Dreieinigkeit (https://www.fraktion.gruene-niedersachsen.de/landtag/plenarinitiativen/artikel/rede-christian-meyer-mehr-tierschutz-in-der-putenhaltung-eine-herausforderung-fuer-die-landesregie.html, 06.12.2011)

Der Alltag? Der Tierärztin und Sauenhalterin Nadine Henke ist in einer Unterhaltung bei www.blogagrar.de der Kragen geplatzt und hat den Irrwitz auf den Punkt gebracht:

Screenshot Kommentar Nadine Henke

Die komplexe Realität ficht den ehemaligen Landwirtschaftsminister Niedersachsens nicht an:

Rückblick Meyer
taz-Interview vom 29.09.2017: „Es kommt auf uns Grüne an“

Was unter dem Strich die größere Quälerei sein wird, dürfte sich fallweise herausstellen. Der Landwirtschaftsminister Christian Meyer a.D. wird es nicht ausbaden müssen. Sondern die Tiere!

12 comments Add yours
  1. In einem anderen Bereich waren die Grünen mit einer Aktion namens “Agent*in” unterwegs, bis es der boell vor die Füße viel

  2. Das Zitat von Christian Meyer fiel in einer Rede im Jahr 2011. Da war noch nicht er, sondern CDU-Mann Gert Lindemann Landwirtschaftsminister. Meyer fragte seinerzeit, warum die CDU-Fraktion nicht den Tierschutzplan ihres eigenen Ministers unterstützt. Wohlgemerkt, der niedersächsische Tierschutzplan stammt von einem CDU-Landwirtschaftsminister! Ich hoffe, Frau Anneliese, Sie untersuchen, wenn Sie mit den Grünen fertig sind, auch mal die schlimme Rolle, die die CDU beim Gängeln und Drangsalieren von Landwirten spielt. Und natürlich auch die SPD, siehe Frau Hendricks! Ich bin gespannt.

    1. Hallo Kirsten,
      ich stimme Dir in soweit gerne zu, dass du Beispiele von großen Tierhaltungsanlagen gepostet hast.
      Das Wort Massentierhaltung möchte ich gerne vermeiden, weil es eben so subjektiv und emotional besetzt ist. Wie es in den Betrieben aussieht, kann keiner sagen.
      Massentierhaltung ist ein Kampfbegriff. Für eine sachliche Diskussion um Tierhaltung ist dieser Begriff nicht zu gebrauchen.

  3. Auch von meiner Seite herzlichen Dank für diese gute Darstellung wie die Grünen durch Verrohung ihrer Kampagnen Hass säen. Und dies nur, um an die Macht zu kommen.
    Was aus den Thema Energiewende für die Grünen inzwischen geworden ist: Das Wort “Biogas” kommt im Parteiprogramm gar nicht mehr vor, den Bauern wird die dadurch bewirkte Vermaisung der Landschaft vorgeworfen : https://www.gruene.de/programm-2017/a-bis-z/wir-steigen-um-komplett-auf-gruene-energien.html
    Alle grünen “Wenden” sind nur Wegwerfthemen, um an die Macht zu kommen.

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