Nitrat- werden wir alle vergiftet?

Nitrat ist mittlerweile ein Dauerthema, über das auch hier schon mehrfach geschrieben wurde. Aktuell hat es der WWF für sich entdeckt und malt ein Gespenst an die Wand, das einen vor Furcht erschaudern lässt:Grundwasser der Region ist „Nitratbrühe“ Der Naturschutzverband World Wide Fund For Nature (WWF) warnt vor einem deutlichen Anstieg der Trinkwasserpreise. Ursache dafür seien steigende Nitratwerte im Grundwasser in der Region Hannover, sagte Verbandssprecher Roland Gramling am Donnerstag.

Bauer Willi hat das Ganze in seinem Blog relativiert und auch das (GRÜNE!!) niedersächsische Umweltministerium (hört hört) stellt einige der Falschaussagen richtig.

Trinkwasser in Hannover birgt keine Gefahren Die Nitratbelastung im Trinkwasser der Region Hannover liegt weit unter den zulässigen Grenzwerten und stellt damit keine Gesundheitsgefahr dar. Das hat das niedersächsische Umweltministerium auf Anfrage klargestellt und damit Angaben der Stadtwerke bestätigt.

Wie man sieht, wieder mal viel heiße Luft ohne jegliche Grundlage. Dass die tatsächlichen Nitratwerte und die Entwicklung der letzten Jahre im Widerspruch zu den Behauptungen von manchen Politikern, NGOs und Versorgern stehen, ist eigentlich geklärt. Deshalb will ich mich dem Stoff an sich widmen: Wenn man manche Berichte liest, gewinnt man den Eindruck, dass man nach einem Glas Wasser mit über 50mg/Liter sofort tot umfällt oder zumindest an Krebs dahinsiecht. So schreibt auch der WWF:

Nach Angaben von Verbandssprecher Gramling steht Nitrat im Verdacht, Krebs auszulösen. Besonders gefährlich sei der Stoff bei Kleinkindern. Er wandele sich im Körper chemisch um und hemme den Sauerstofftransport im Blut. Mediziner nähmen daher an, dass Nitrat für den plötzlichen Kindstod mitverantwortlich ist.“

WAS ist dieses Nitrat für ein fürchterliches Gift?

Die Antwort ist: Gar Keines!! Im Gegenteil. Nitrat ist ein essentieller Stoff, auf dem alles Leben auf dieser Erde basiert. Ohne Nitrat können keine Pflanzen wachsen. Ohne Nitrat gibt es kein Eiweiß und kein Blattgrün. In Salaten und Gemüse sind bis zu 7000mg/kg enthalten. Und trotzdem gelten sie ZU RECHT (!!) als gesund. Für die menschliche Ernährung häufen sich die Stimmen in der Wissenschaft, die eine positive Wirkung durch Nitrat auf den Organismus sehen

Nitrate im Trinkwasser und im Salat verheißen nichts Gutes – der Stoff gilt weithin als krebserregend. Doch Studien zeichnen nun ein ganz anderes Bild.

Gefährlich kann allenfalls die Umwandlung in Nitrit werden. Dazu bedarf es nitritbildender Bakterien, die im Darm vorhanden sein können. Durch Nitrit kann das im Blut enthaltene Hämoglobin zu Methämoglobin oxydieren. Das spielt bei Erwachsenen keine große Rolle, da dies der Organismus wieder zu Hämoglobin zurückreduziert. Bei Säuglingen unter 3 Monaten funktioniert das noch nicht und deshalb wird für diese ein Grenzwert von 10mg im Wasser empfohlen. In der festen Nahrung gilt für Kleinkinder ein Grenzwert von 200 mg/kg. Dieser wird als völlig unbedenklich erachtet und deshalb würden auch 50mg oder mehr im Trinkwasser keine Gesundheitsschäden verursachen.

Völlig falsch ist die Behauptung des WWF-Sprechers Gramling, Nitrat stehe im Verdacht, Krebs auszulösen. Der Krebsinformationsdienst schreibt dazu:

Aus Nitrat kann jedoch ein weiteres Molekül entstehen: Nitrit bildet sich durch bakterielle oder enzymatische Umwandlung im Körper oder bereits im Lebensmittel selbst etwa bei unsachgemäßer Lagerung, unsachgemäßem Transport oder durch Missachtung von Hygieneregeln. Reagieren Nitrite mit weiteren Stoffen, den sogenannten Aminen, so können Nitrosamine entstehen. Sie haben sich im Tierversuch als krebserregend erwiesen. Bislang ist zwar noch nicht abschließend geklärt, ob das Krebsrisiko auch für den Menschen gilt.“

Es handelt sich also nicht um das Nitrat, sondern um einen anderen Stoff, der unter bestimmten Umständen nach zwei Umwandlungsstufen entstehen kann.

kein Freibrief

Selbstverständlich soll das kein Freibrief dafür sein, das Grundwasser durch unsachgemäße Düngung übermäßig mit Nitrat zu belasten. Schon allein aufgrund der hohen Kosten für Dünger wäre das auch ökonomisch töricht. Aber es ist unseriös und populistisch, einen essentiellen und eigentlich harmlosen Stoff als dermaßen schädlich darzustellen und aufgrund seines Vorhandenseins die Bauern als Brunnenvergifter zu brandmarken. Das hat etwas von Hexenjagd und entbehrt jeglicher wissenschaftlichen Grundlage. Es wäre wünschenswert, wenn in den Berichten mehr Sachlichkeit einkehren würde.


Hier noch zwei Info-Broschüren des Bundesinstituts für Risikobewertung:

Fragen und Antworten zu Nitrat und Nitrit in Lebensmitteln (pdf)

Nitrat in diätetischen Lebensmitteln für Säuglinge oder Kleinkinder – Neufestsetzung
der Höchstmenge (pdf)

 

3 comments Add yours
  1. Inhaltlich gebe ich Dir recht. Allerdings:Wo konkret wurden Bauern als Brunnenvergifter verunglimpft. Pauschal über Hexenjagt zu lammentieren ist eben auch wieder Populismus. Zur Sachlichkeit gehört, dass man konkret wird!

    1. Lieber Mar.K.

      Hier Zitate, die auch DU googlen können hättest:

      “Bärbel Höhn, Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen, erklärte im WDR-Radio: „Die Landwirtschaft“ hat ein großes Entsorgungsproblem mit ihrer Gülle, und die Bundesregierung schafft es seit Jahren nicht, eine umweltfreundliche Verordnung hinzubekommen.“ Und die Kritik der früheren NRW-Umweltministerin an der Untätigkeit der Bundesregierung in der Nitrat-Frage gipfelt schließlich in der Feststellung: „Letztlich haben wir es mit einer staatlich geduldeten Brunnenvergiftung zu tun.“

      Horst Hermannsen:

      “Wie sich die Zeiten doch ändern. Das besonders gefürchtete Delikt der Brunnenvergiftung wurde noch im Mittelalter mit strengsten Strafen wie Verbrennen, Rädern, Ertränken, Abhäuten bei lebendigem Leib und ähnlichem bedroht. Heute werden solch drastische Sanktionen nicht einmal mehr in Ausnahmefällen verhängt. Welch ein Glück für manchen Landwirt, möchte man ausrufen. ”

      Sendung von quer/Bayerischer Rundfunk:

      “Brunnenvergifter: zu viel Nitrat in Bayerns Grundwasser ”

      Vsr-Gewässerschutz:

      “Wer sind die Brunnenvergifter? …Nicht die direkten Einleitungen der Industrie und kommunaler Kläranlagen, sondern das diffus zusickernde, mit Nitraten belastete Grundwasser stellt hier die Hauptquelle dar. ”

      Die Linke Gütersloh

      “Es wäre zu einfach allein die Landwirte als Brunnenvergifter anzuklagen. Die Landwirte handeln im Spannungsfeld von politischen Vorgaben und betriebswirtschaftlichen Zwängen. ”

      Ein Grüner Lokalpolitiker:

      “Das sah auch die Politik so. Doch Umweltamtsleiter Antonius Schulze Elfringhoff belehrte den Ausschuss umgehend: Zuständig für das Grundwasser sei nicht der Kreis, sondern die Landwirtschaftskammer. Das wiederum verleitete Helmut Fehr (Grüne) zu der Bemerkung „die Brunnenvergifter beaufsichtigen sich selbst“, worauf er sich vorhalten lassen musste, nicht zu wissen, dass die Landwirtschaftskammer eben keine Lobbygruppe sei, sondern eine unabhängige staatliche Behörde. ”

      Gerhard Timm, Bundesgeschäftsführer BUND

      “”Die Düngeverordnung in ihrer gegenwärtigen Form ist eine Lizenz zur Brunnenvergiftung. Von dieser Verordnung gedeckt können künftig zu hohe Nitratmengen und Schwermetalle den Boden und das Grundwasser belasten. ”

      Das nur eine kleine Auswahl. Dazu kommen noch unzählige “Brunnenvergifter”vorwürfe in Bürgerinitiativen, Kommentaren und Leserbriefen.

      Und die indirekten Vorwürfe habe ich in dieser Aufstellung noch garnicht berücksichtigt. Ein Artikel, in dem Nitrat als Gift bezeichnet wird und die Bauern als Verursacher von zuviel Nitrat im Grundwasser dargestellt werden, impliziert ja auch “Bauer = Brunnenvergifter”

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