Es stinke, und zwar zum Himmel! Obwohl Stadt unter der Hitze seufze, sei Lüften nutzlos, die so genannte gute Landluft mache es unmöglich. So beginnt ein Leserbrief an die Stadter Tageszeitung, in dem sich Prof. Dr. Nait beklagt: Man frage sich, wieso sich noch irgendein Landwirt darüber wundert, dass das Image der Landwirtschaft schlecht sei. Das Wasser belastet – die Bürger müssen zahlen. Bauland sei eingeschränkt – wegen Tierhaltungsanlagen. Auch in Stadt sei Landwirtschaft nicht alles – erst recht nicht, wenn es sich nur um ein kleine Gruppe von Menschen handele, die auf ihre Mitmenschen Rücksicht nehmen sollten. Zumal diese ihnen einen Großteil ihrer Einkünfte durch Steuern finanzieren.
Der anonymisierte Lesebrief beruht auf einer wahren Gegebenheit.
Rücksicht auf Mensch und Umwelt
Landwirte wehren sich gegen Vorwürfe
Die Deutschen haben sich weit von der Erzeugung ihrer Lebensmittel entfernt. Der Leserbrief von Prof. Dr. Charlie Nait von Doomsday 2018 belegt dies. Er ist symptomatisch für die Stimmung im Land: Regelmäßig hören wir Landwirte den Vorwurf, wir würden keine Rücksicht nehmen auf Mensch und Umwelt. Dagegen wehren wir uns.
Beispiel Gülle: Sie riecht unangenehm, aber wir brauchen sie. Was der Bauer mit der Ernte dem Boden an Nährstoffen entzieht, muss er ihm wieder zuführen. Nachhaltig geht dies nur mit organischem Dünger. Das war vor Tausenden von Jahren so und bleibt so – allerdings unter stetig sich verbessernden Ausbringungsmodalitäten.
Mit der neuen Düngeverordnung arbeiten wir Landwirte weiter daran, Verbraucher und Umwelt nicht zur Last zu fallen. Überschüsse werden in vieharme Regionen gebracht, teure moderne Technik arbeitet die Gülle bodennah ein.
Landwirtschaft stinkt!
Wer regional und zu erschwinglichen Preisen essen möchte, muss sich mit der Landwirtschaft anfreunden. Und die stinkt nun mal ab und zu. Übrigens weniger als früher in der „guten alten Zeit“, als die vielen Bauern, die es damals noch gab, jeweils einen Misthaufen auf dem Hof hatten. Nicht umsonst rüsten wir unsere Ställe mit Filteranlagen aus.
Korrekt ist, dass wir Landwirte EU-Gelder erhalten. Diese sind flächengebunden. Wer nur Nutztierhaltung betreibt, geht leer aus. Wir bekommen Zuschüsse, um unsere Flächen so zu bewirtschaften, wie die EU es sich vorstellt, sowie um eine günstige Lebensmittelversorgung sicher zu stellen. Biolandwirte werden ebenso gefördert wie kleine, mittlere und große konventionell wirtschaftende Betriebe.
Aber auch Nichtregierungsorganisationen wie der NABU und BUND bekommen EU-Agrarsubventionen in Millionenhöhe – kritisieren selbige aber, wenn Landwirte sie erhalten.
Steuerzahler Landwirt, Wertschöpfer Landwirt
Bei der Gelegenheit möchte ich daran erinnern, dass wir für die Steuern, die wir erhalten, auch Leistungen erbringen. Rückstandskontrollen belegen seit Jahren, dass wir Lebensmittel erzeugen (ja, wir erzeugen tatsächlich Lebensmittel!!), die so sauber sind wie niemals zuvor in der Geschichte der Menschheit. Auch wir zahlen Steuern und sorgen für Wertschöpfung: Futtermittelhersteller, Schlachtereien, Stallausrüster, aber auch Handwerksbetriebe u.v.m. Der Wohlstand im Landkreis fußt zum großen Teil auf der Landwirtschaft.
Unsere Steuergelder fließen übrigens auch in Forschung und Lehre an der Universität von Stadt. Daran möchten wir Dr. Nait an dieser Stelle erinnern. Forderte die Universität nicht erst letzte Woche zusätzliche neun Millionen Euro? Für qualitativ hochwertige Arbeit steuern wir gerne unser Scherflein bei.
Acker zu Bauland
Dr. Nait beschwerte sich, dass durch unsere Tierhaltungsanlagen Bauplätze fehlen. Im Gegenzug würde uns interessieren: Hat man eigentlich vergessen, dass dort, wo jetzt Supermärkte, Wohnhäuser und Arbeitsstätten stehen, vorher Natur war? Auch der Straßenbau vernichtet wertvolle Flächen. Fakt ist: Etwa 70 Hektar Ackerland werden in Deutschland täglich aus der Bewirtschaftung genommen und zu betoniert. Die Allgemeinheit profitiert.
Wir Landwirte sind gehalten, auf immer weniger Flächen mit immer weniger Kollegen und immer höheren Umwelt-, Hygiene-, Tierwohl- und sonstigen Auflagen 80 Mio. Menschen satt zu bekommen. Und das alles bei ständiger Nörgelei über die moderne Landwirtschaft.
Wir machen Euch satt!
Dr. Nait, wir entschuldigen uns nicht dafür, dass wir Ihr Essen erzeugen. Stattdessen laden wir Sie herzlich ein, auf unsere Höfe nach Dorf zu kommen. Die Landwirtschaft ist leider für viele Menschen Terra Incognita. Daher: Frag doch mal den Landwirt!
Gülle ist ressourcenschonend?
Gülle ist das Nebenprodukt einer ressourcenintensiven Nahrungsmittelproduktion.
Wenn Gülle ein ressourcenschonender Dünger ist, dann ist
– Autofahren eine sparsame Form der Innenraumbeheizung,
– Paybackpunktesammeln eine effektive Anlageform zur Altersvorsorge und
– Plastiktüten in Massen kaufen und in den gelben Sack geben eine hervorragende Form der Rohstoffrückgewinnung.
Frau Christina Annelies, Leute haben nicht unbedingt recht, nur weil sie Ihnen sympathisch sind und Sie es ihnen gönnen, dass sie recht haben. Denken Sie unabhängig.
Lieber Anwalt der Tiere, haben Sie den Beitrag überhaupt verstanden? Es geht um Nährstoffkreislauf ….. . Ihre relativierende Beispiele tun hier nichts zur Sache
Liebe Ina,
danke der Nachfrage, mein Kommentar steht da vor dem Hintergrund eines Diskussionsstrangs zu dem Beitrag von Christina Annelies “Nein, Sie leben nicht vegan, Herr Ulrich”, insb. zu dem Thema der folgenden Studie; also nicht “Relativierung”, sondern systemisches Betrachtung:
J. Poore1,2, T. Nemecek3, Science 01 Jun 2018
[1)Department of Zoology, University of Oxford, New Radcliffe House, Oxford OX2 6GG, UK
2)School of Geography and the Environment, University of Oxford, South Parks Road, Oxford OX1 3QY, UK
3)Agroscope, Agroecology and Environment Research Division, LCA Research Group, CH-8046 Zürich, Switzerland]
„For example, a low-impact litre of cow’s milk uses almost two times as much land and creates almost double the emissions as an average litre of soymilk.
Animal product free diets, therefore, deliver greater environmental benefits than purchasing sustainable meat or dairy.
Further, without major changes in technology that disproportionately target animal products, the researchers show that animal product free diets are likely to deliver greater environmental benefits than changing production practices both today and in the future.
Specifically, plant-based diets reduce food’s emissions by up to 73% depending where you live. This reduction is not just in greenhouse gas emissions, but also acidifying and eutrophying emissions which degrade terrestrial and aquatic ecosystems. Freshwater withdrawals also fall by a quarter. Perhaps most staggeringly, we would require ~3.1 billion hectares (76%) less farmland. ‚This would take pressure off the world’s tropical forests and release land back to nature,‘ says Joseph Poore.
The researchers show that we can take advantage of variable environmental impacts to access a second scenario. Reducing consumption of animal products by 50% by avoiding the highest-impact producers achieves 73% of the plant-based diet’s GHG emission reduction for example.“
Ich bin froh, dass es Bauern gibt, die unsere Nahrung herstellen. Kein einfacher Job. Lasst euch nicht unterkriegen von uns Stadtmenschen, die letztlich keine Ahnung haben, wie Landwirtschaft funktioniert.
Danke für den Blog. Ist super!