Milchquote läuft aus

Hendrik Lübben
Hendrik Lübben, Facebook-Foto

Aus aktuellem Anlass zum Ende der Milchquote hat Hendrik Lübben seinen Bericht über den Bauerntag 2007 in Bamberg aus seinem Archiv herausgesucht. Auf diesem Bauerntag hat sich der Deutsche Bauernverband, nach einer umfangreichen Diskussion bis hinunter auf die Kreislandvolkebene, mehrheitlich für die Forderung zum Auslaufen der Milchquote am 31.03.2015 entschlossen.

Bauerntag 2007

Bericht von Hendrik Lübben*

Auf Einladung vom Kreislandvolk Wesermarsch habe ich als Delegierter am Bauerntag teilgenommen.
Der Bauerntag begann am Mittwochabend mit einem ökumenischen Gottesdienst in dem Bamberger Dom. Anschließend wurden die Delegierten in kleinen Gruppen von Stadtführern auf eine kleine Tour durch das schöne, historische Bamberg geführt. Die Stadtführung endete für die Niedersachsen und den Brandenburger in der Gaststätte Greifenklau. Dort nahm der Abend im Biergarten bei einem herzhaften, bayrischen Abendessen und dem hauseigenen Bier ein gemütliches Ende.
Am nächsten Morgen fand der erste Teil der Hauptversammlung in der Konzerthalle von Bamberg statt. Der Bundespräsident Köhler zollte große Anerkennung für die Leistungen der deutschen Bauern und ihrer Familien. Ein besonderes Zitat des Bundespräsidenten: „Die Zuversicht der Landwirte, vor allem auch der jungen Landwirte, imponiert mir.
Im Anschluss an seine Rede ehrte der Bundespräsident die Sieger des Berufswettbewerbs der deutschen Landjugend.
Nach dem Mittagessen wurde es ernst. In 5 Foren wurde über Punkte aus dem Leitantrag für die Entschließung des DBV diskutiert. Entworfen wurde der Leitantrag von allen Landesbauernverbänden in Deutschland in Zusammenarbeit.
Das größte Forum war das Milchforum mit dem Thema Milchquote. Ein spannendes Forum. Im Leitantrag des DBV steht, dass die Milchquote bis 2015 auslaufen soll. Die Landesverbände Bayern und Hessen haben einen Gegenantrag gestellt, der für eine Fortführung der Quotenregelung ist.
Nach einem Einführungswort von dem Milchpräsident des DBV, Udo Folgart, nahm Torkhild Rassmussen Stellung zu den Positionen der Europäischen Union zum Thema Milchquote.
Anschließend wurde auf dem Podium, unter Einbindung von Wortmeldungen aus dem Publikum, über den Leitantrag und den Gegenantrag diskutiert. Hessen und Bayern hatten ihren Gegenantrag, Fortführung der Milchquote, an 4 Bedingungen geknüpft. Diese müssen von der Politik erfüllt werden damit die Milchquote in Zukunft funktioniert. Am Ende des Forums stand fest, dass alle 4 Punkte nicht erfüllt werden können, auch wenn der deutsche Bauernverband sich am nächsten Tag für einen Erhalt der Milchquote aussprechen sollte.
An dem Forum haben über 600 Delegierte teilgenommen. Nach meinem Eindruck waren die meisten Milcherzeuger. Gerade die Delegierte aus Niedersachsen, die das Wort ergriffen, waren Betriebsleiter auf großen Milchviehbetrieben und sprachen zusätzlich als Kreislandwirt für die Bauern aus ihrem Landkreis. Sie haben sich alle für einen Ausstieg aus der Milchquote ausgesprochen.

Am Abend waren die Teilnehmer des Bauerntages vom Ministerpräsident von Bayern, Herrn Edmund Stoiber, zum Essen eingeladen. Seine impulsive und emotionale Festrede wird mir noch lange in Erinnerung bleiben. Beliebtester Satzanfang: „ Wir Bayern…“.
Am nächsten Morgen wurde die Hauptversammlung fortgesetzt. Nach einem kurzen Grußwort von Herrn Westerwelle hat Herr Seehofer die Position der Bundesregierung dargestellt und sich klar gegen die Fortführung der Milchquote ausgesprochen. Anschließend hat Herr Sonnleitner seine Grundsatzrede gehalten und die Entschließung vorgestellt. Danach wurde abgestimmt. Der Leitantrag des deutschen Bauernverbandes wurde mit 75% der Stimmen angenommen. Der Gegenantrag aus Bayern und Hessen wurde abgewiesen. Ein neuer Absatz wurde in den Leitantrag aufgenommen (Punkt 6.2.5, Zeile 119 bis 124) der einen Nachteilsausgleich für Milcherzeuger, die in erschwerten Bedingungen wirtschaften, vorsieht.
Den Abschluss in der Rednerfolge bildete der Vizepräsident der Europäischen Kommission, Unternehmen und Industrie, Günter Verheugen, der die Positionen der EU noch einmal vorstellte. Auch Herr Verheugen stellte unmissverständlich klar, dass die Milchquote 2015 ausläuft. Um dies zu ändern muss die Kommission einen Vorschlag machen und min 75 % der Mitgliedsländer zustimmen. Diese Möglichkeit ist sehr unwahrscheinlich. Über Regelungen, die den Ausstieg leichter machen und evtl. Risiken abfedern wird in den nächsten Jahren entschieden.

Herr Sonnleitner schloss im Anschluss an die Rede die Versammlung und nach einem kurzen Mittagessen ging es mit dem Zug wieder nach Hause.

Interessante Links:
Entschließung des Deutschen Bauernverbandes
http://www.agrarheute.com/mediaarchiv/grab_pic.php?id=60031
Rede von Seehofer zum Thema Milchquote auf dem Bauerntag in Bamberg, Video
http://www.bauernverband.de/index.php?redid=154363#
Rede des Bundespräsidenten auf dem Bauerntag 2007
http://www.bauernverband.de/mediaarchiv/grab_pic.php…


 

Die Milchpolitik hat zur damaligen Zeit bis heute die Gemüter stark bewegt. Es hat sich der Bund deutscher Milchviehhalter (BDM) gegründet, die in Opposition zum deutschen Bauernverband steht. Deshalb ist im Zusammenhang zum Auslaufen der Quote heute auch die aktuelle Diskussion und Haltung der Bauernverband-kritischen Verbände sehr interessant. Auch hier kann Hendrik Lübben* berichten:

Bericht zur Milchtagung 2015 „Milchmarkt – wie nun ohne Quote?“, eine Kooperationsveranstaltung der Abl, der Domäne Frankenhausen und der KLJB.
von Hendrik Lübben, 05.03.2015

Tagungsleiter Josef Jacobi (Upländer Bauernmolkerei), Carsten Emmann (Uni Göttingen), Dr. Andrea Fink-Keßler, Prof. Dr. Ton Baars (FibL), Uwe Allers (Agrarberatung Stade), Dr. Karin Jürgens (Büro für Agrarsoziologie und Landwirtschaft), Ulrich Jasper (AbL), Lucas Kiefer (Uni Stuttgart-Hohenheim), Romuald Schaber (BDM) Foto: AbL
Tagungsleiter Josef Jacobi (Upländer Bauernmolkerei), Carsten Emmann (Uni Göttingen), Dr. Andrea Fink-Keßler, Prof. Dr. Ton Baars (FibL), Uwe Allers (Agrarberatung Stade), Dr. Karin Jürgens (Büro für Agrarsoziologie und Landwirtschaft), Ulrich Jasper (AbL), Lucas Kiefer (Uni Stuttgart-Hohenheim), Romuald Schaber (BDM)
Foto: AbL

Die Milchtagung der AbL findet seit vielen Jahren immer am ersten Montag im März in den Räumen der KLVHS Hardehausen statt. Aufgrund des Themas und der angekündigten Redebeiträge habe ich mich spontan angemeldet. Die bundesweit beworbene Veranstaltung hatte 60 Teilnehmer. Der Tag war interessant, ich wurde trotz meiner oft gegenteiligen Meinung bei der Milchpolitik freundlich empfangen und konnte einen guten Eindruck über die Sicht und Arbeitsweise des AbL´s gewinnen.

1. „Aktuelle Situation und Vorschlag des EMB & BDM für ein Marktverantwortungsprogramm der EU“ Romuald Schaber (Präsident EMB & BDM)

Herr Schaber hat in seinem Vortrag für die Einführung eines Marktverantwortungsprogramms geworben (nähere Infos zum Programm auf der Webseite des BDM oder in der aktuellen Top-Agrar). In seinen Ausführungen prophezeite er nach dem Ende der Quote einen Zusammenbruch des Milchmarktes. Die Landwirte werden „Gas geben“ und die Nachfrage wird sich sehr viel langsamer entwickeln als das Angebot. Der Export kann eine solche Milchmenge nicht ausgleichen. Die Gefahr für die Landwirte kann nur mit Hilfe des Programms abgewendet werden. Die vorhandenen Systeme sind nicht ausreichend. Herr Schaber legte sich nicht auf die Höhe des nötigen Milchpreis fest. Wichtig sei eine Einführung des Programms in der gesamten EU und so schnell wie möglich. Die Kosten sollen aus Mitteln der EU, den zu viel Milch liefernen Landwirten und bei größeren Marktverwerfungen durch eine Sonderabgabe aller Milchbauern finanziert werden.
„Quote ist Marktzugang“ „gesellschaftliche Akzeptanz“ „Dänische Entwicklung der Landwirtschaft als Grund für den Erhalt einer Quote“

2. „Entwicklungsperspektive für bäuerliche Milchviehbetriebe“ Ottmar Ilchmann (Abl Vorsitzender in Niedersachsen)

Herr Ilchmann forderte zunächst von Herrn Schaber eine Bagatellgrenze im Marktverantwortungsprogramm für Betriebe unter 100.000 Liter Jahresanlieferung (wurde von Herrn Schaber abgelehnt). Im Anschluss führte er in seinem Vortrag die, aus seiner Sicht, wichtigen Punkte zum Erhalt der bäuerlichen Landwirtschaft und der Akzeptanz der Bevölkerung auf:

– Erzeugerbündelung gegen die Macht der Molkereien
– Nischen für Milchvermarktung besetzten, Weide und Heumilch
– Förderung und Erhalt von regionalen Strukturen
– Staffelzuschläge für kleinere Betriebe
– Verbot der Errichtung von autarken Milchviehbetrieben (allein stehender Stall mit eigenem Anschluss an die Energieversorgung)
– Ausbau der Tierwohlkriterien, Weidegang
– Verordnete Begrenzung des Kraftfuttereinsatzes und Verbot der Enthornung

3. „Politik für bäuerliche Milchviehhaltung nach der Quote“ Christan Meyer (Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Niedersachsen)

Herr Meyer hielt sich in seinem Vortrag mit polemischen Äußerungen zurück und führte seine bekannten Sichtweisen zu dem Thema Milch erneut aus:
Gefahr der großen Ställe, Strukturwandel, Ausrichtung am europäischen Markt, Überangebot von Milch, Ablehnung der priv. Lagerhaltung, Einführung des Boni-Mali Modells des EMB / BDM.
Bei dem Thema Novellierung der Düngeverordnung sagte er, dass der Nährstoffüberschuss und der Antibiotikamissbrauch nicht die Schuld der Milchbauern wäre. Er wird sich für eine Verbesserung des aktuellen Entwurfs zugunsten der Milchbauern, insbesondere der Betriebe mit Weidehaltung einsetzten. Die Förderung der Weidehaltung soll durch eine Weideprämie und durch die Entwicklung eines Milchlabels unterstützt werden.

Im Anschluss wurde eine kurze Diskussionsrunde mit den drei Rednern angeboten. Ich habe dabei die Ablehnung des Marktverantwortungsprogramms durch die Junglandwirte in Niedersachsen deutlich gemacht.

Im Nachmittagsteil der Veranstaltung wurde von Uwe Herzog, Beratungsring Ostfriesland, die Novellierung der Düngeverordnung vorgestellt.
Herr Prof. Dr. Martens stellte in einem interessanten und nachvollziehbaren Vortrag seine Forschungen zur negativen Energiebilanz (NEB) als Grund für die hohen Abgangsraten in Milchviehbetrieben vor. Das Problem der NEB ist allgemein bekannt, der Zusammenhang für Probleme wie Fruchtbarkeit, Nutzungsdauer, Klauengesundheit, usw. wurde hier gezogen. Insbesondere verfolgen die Zuchtorganisationen mit dem Fokus auf Milchleistung ein falsches Ziel.
Eine Untersuchung zum Thema „Einfluss der Sommerweidehaltung auf das Tierwohl der Kühe – Ergebnisse einer Studie über dänische Milchviehbetriebe“ stellte Frau Dr. Elke Burow vor. Im Ergebnis ist deutlich für die Vorteile der Sommerweidehaltung ausgefallen.
Zum Abschluss referierten Dr. Karin Jürgens und Prof. Dr. Onno Poppinga über die Wirtschaftlichkeit einer Milchviehhaltung ohne bzw. wenig Kraftfutter. Es rechnet sich, aber diese sehr spezielle Haltungsform benötigt eine langsame Umstellung der Zucht, des Fütterungssystems und der persönlichen Grundeinstellung. Einen Fokus auf eine hohe Grundfutterleistung und Kraftfutter führt in jeden Fall zu einem höheren Gewinn.


 

Hendrik Lübben ist aktiver Milchviehhalter aus der Wesermarsch und amtierender Vorsitzender des Ausschuss Junglandwirte im Landvolk Niedersachsen

2 comments Add yours
  1. Die größte Ansammlung agrarischer Torheit in Deutschland

    Ich bewundere Hendrik Lübben, wie er das verkraften konnte. Die Sache selbst ist ja Punkt für Punkt indiskutabel. Die Fachvorträgen waren wahrscheinlich interessant, aber dennoch sehe ich keinen Grund, den ökologisch und ökonomisch sinnvollen Einsatz von Kraftfutter in Diskussion zu stellen. Ich finde es eine ökologische Errungenschaft, Nebenprodukte aus der Herstellung von Lebensmitteln und Bioenergie über die Verfütterung in hochwertige Lebensmittel umzuwandeln. Die Menge des Einsatzes wird man schon noch eher dem ausgebildeten Landwirt, als dem eher inkompetenten Gesetzgeber zutrauen dürfen – so zumindest meine Ansicht.
    Ich wüsste auch nicht, warum man das Enthornen als klaren Vorteil von Mensch und Tier verbieten sollte? Dass eine Betäubung, oder noch besser, eine Narkotisierung mit anschließender Sedation sinnvoll ist, zweifelt niemand an. Bei uns wurde das noch nie anders praktiziert. Die Diskussion kann also nie das ob, sondern nur das “wie” sein.
    Warum größere Bauern den kleineren Staffelzuschläge bezahlen sollten, wurde scheinbar auch nicht begründet – zumal ja jeder kleinere Betrieb jetzt auch die Chance hat, den Entwicklungs-Rückstand ohne Quotenkosten abzubauen.

    So könnte man deren Hirngespinste zum Schaden aller Bauern Punkt für Punkt abarbeiten….

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